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HEILIGE MESSE AM HOCHFEST DER  ERSCHEINUNG DES HERRN

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Vatikanische Basilika
Mittwoch, 6. Januar 2016

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Die Worte des Propheten Jesaja – an die heilige Stadt Jerusalem gerichtet – rufen uns auf, aufzustehen, hinauszugehen, hinauszugehen aus unserer Verschlossenheit, hinauszugehen aus uns selbst, und den Glanz des Lichtes anzuerkennen, das unser Dasein erleuchtet: „Auf, werde licht, denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir“ (Jes 60,1). „Dein Licht“ ist die Herrlichkeit des Herrn. Die Kirche darf sich nicht einbilden, von eigenem Licht zu leuchten, nein. Daran erinnert der heilige Ambrosius mit einem schönen Ausdruck, wenn er den Mond als Metapher für die Kirche gebraucht: „Mit Recht gleicht die Kirche dem Mond: […] sie leuchtet nicht im eigenen, sondern im Licht Christi und entlehnt ihren Glanz von der Sonne der Gerechtigkeit, so dass sie sagen kann: ‚Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir‘ “ (Hexameron IV,8,32). Christus ist das wahre Licht, das erleuchtet; in dem Maß, in dem die Kirche in Christus verankert bleibt, in dem Maß, in dem sie sich von ihm erleuchten lässt, kann sie das Leben der Menschen und der Völker hell machen. Deshalb sahen die heiligen Väter in der Kirche das mysterium lunae.

Wir brauchen dieses Licht aus der Höhe, um der Berufung, die wir erhalten haben, konsequent zu entsprechen. Das Evangelium Christi zu verkünden ist nicht eine Entscheidung unter den vielen anderen, die wir treffen können, und es ist auch kein Beruf. Für die Kirche heißt missionarisch zu sein nicht, Proselytismus zu betreiben; für die Kirche bedeutet missionarisch zu sein, ihr eigenes Wesen zum Ausdruck zu bringen: von Gott erleuchtet werden und sein Licht zurückstrahlen. Das ist ihr Dienst. Es gibt keinen anderen Weg. Die Mission ist ihre Berufung: Das Licht Christi zurückzustrahlen ist ihr Dienst. Wie viele Menschen erwarten von uns diesen missionarischen Einsatz, denn sie brauchen Christus, sie müssen das Antlitz des Vaters kennen lernen.

Die Sterndeuter, von denen im Matthäusevangelium die Rede ist, sind das lebendige Zeugnis dafür, dass die Samen der Wahrheit überall vorhanden sind, denn sie sind Gaben des Schöpfers, der alle ruft, ihn als guten und treuen Vater zu erkennen. Die Sterndeuter stehen für die Menschen in allen Teilen der Erden, die im Haus des Vaters aufgenommen werden. Bei Jesus gibt es keine Trennung mehr aufgrund der Nation, der Sprache und der Kultur: In diesem Kind findet die ganze Menschheit ihre Einheit. Und die Kirche hat die Aufgabe, den Wunsch nach Gott, den jeder in sich trägt, zu erkennen und deutlicher hervortreten zu lassen. Das ist der Dienst der Kirche, mit dem Licht, das sie zurückstrahlt: den Wunsch nach Gott, den jeder in sich trägt, deutlicher hervortreten zu lassen. Wie die Sterndeuter leben auch in unseren Tagen viele Menschen mit einem „unruhigen Herzen“, das weiter fragt, ohne sichere Antworten zu finden – das ist die Unruhe des Heiligen Geistes, die sich in den Herzen regt. Auch sie sind auf der Suche nach dem Stern, der ihnen den Weg nach Bethlehem zeigt.

Wie viele Sterne stehen am Himmel! Dennoch sind die Sterndeuter einem anderen, neuen Stern gefolgt, der für sie viel stärker leuchtete. Lange hatten sie das Buch des Himmels erforscht, um eine Antwort auf ihre Fragen zu finden – sie hatten ein unruhiges Herz –, und schließlich ist ihnen das Licht erschienen. Dieser Stern hat sie verändert. Er ließ sie die täglichen Belange vergessen, und sie brachen sofort auf. Sie schenkten einer Stimme Gehör, die sie in ihrem Inneren dazu antrieb, jenem Licht zu folgen – das ist die Stimme des Heiligen Geistes, die in allen Menschen wirkt; und es führte sie, bis sie den König der Juden in einem ärmlichen Haus in Bethlehem fanden.

Das alles ist eine Lehre für uns. Es tut uns heute gut, die Frage der Sterndeuter zu wiederholen: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Mt 2,2). Wir werden angeregt, vor allem in einer Zeit wie der unsrigen, uns auf die Suche der Zeichen zu begeben, die Gott anbietet, im Wissen, dass sie unseren Einsatz verlangen, um sie zu deuten und so Gottes Willen zu verstehen. Wir sind aufgefordert, nach Bethlehem zu gehen und das Kind und seine Mutter zu finden. Folgen wir dem Licht, das Gott uns anbietet – ganz klein…; der Hymnus des Breviers spricht poetisch zu uns, dass die Sterndeuter „lumen requirunt lumine“: jenes kleine Licht! Das Licht, das vom Gesicht Christi voll Barmherzigkeit und Treue ausgeht. Und wenn wir einmal zu ihm gelangt sind, beten wir ihn mit ganzem Herzen an und bringen wir ihm unsere Gaben dar: unsere Freiheit, unseren Verstand, unsere Liebe. Die echte Weisheit verbirgt sich im Antlitz dieses Kindes. Hier, in der Einfachheit von Bethlehem, findet das Leben der Kirche seine Zusammenfassung. Hier ist die Quelle jenes Lichtes, das jeden Menschen auf der Welt an sich zieht und den Weg der Völker auf den Pfad des Friedens lenkt.

 



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