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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH
SRI LANKA UND AUF DIE PHILIPPINEN

(12.-19. JANUAR 2015)

BEGEGNUNG MIT DEN JUGENDLICHEN

ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS

Sportplatz der Santo-Tomas-Universität, Manila
Sonntag, 18. Januar 2015

[Multimedia]


 

Vom Heiligen Vater gehaltene Ansprache

Liebe junge Freunde,

wenn ich spontan rede, dann tue ich das auf Spanisch. – Nein? – Denn ich beherrsche die englische Sprache nicht. Darf ich? [„Ja!“] Vielen Dank! [Applaus]. Hier ist Father Mark, ein guter Übersetzer.

Zuallererst eine traurige Nachricht: Gestern, als gerade die Messe begann, ist einer der Türme – wie dieser da – umgestürzt und hat dabei ein junges Mädchen verletzt, das dort arbeitete, und sie ist gestorben. Ihr Name ist Kristel. Sie arbeitete für die Organisation ebendieser Messe. Sie war 27 Jahre alt. Sie war jung wie Ihr und arbeitete für eine Vereinigung, die Catholic Relief Services. Sie war eine Freiwillige. Ich bitte, dass wir alle gemeinsam – ihr seid jung wie sie – eine Minute lang schweigend beten, und dann rufen wir unsere Mutter im Himmel an. Lasst uns beten.

[Schweigen]

 Gegrüßet seist du, Maria…

Und jetzt sprechen wir ein Gebet für ihren Vater und ihre Mutter. Sie war die einzige Tochter. Ihre Mutter trifft von Hongkong aus ein. Ihr Vater ist nach Manila gekommen, um ihre Mutter zu erwarten.

Vater unser im Himmel…

Ich freue mich, heute Morgen bei euch zu sein. Ich begrüße jeden von euch aus ganzem Herzen und danke allen, die diese Begegnung ermöglicht haben. Während meines Besuches auf den Philippinen wollte ich mich besonders mit jungen Menschen treffen, euch zuhören und mit euch sprechen. Ich möchte die Liebe der Kirche zu euch und die Hoffnung, die sie auf euch setzt, zum Ausdruck bringen. Und ich möchte euch als christliche Bürger dieses Landes ermutigen, euch selbst leidenschaftlich und ehrlich in das große Werk der Erneuerung eurer Gesellschaft und der Hilfe beim Aufbau einer besseren Welt einzubringen.

In besonderer Weise danke ich den jungen Freunden, die mich willkommen geheißen haben: Jun Chura, Leandro Santos II und Rikki Malacor. Vielen Dank!

Ein Wörtchen… über die spärliche Präsenz der Damenwelt hier! Allzu spärlich! Die Frauen haben uns viel zu sagen in der heutigen Gesellschaft. Manchmal sind wir zu chauvinistisch und lassen der Frau keinen Raum. Doch die Frau ist fähig, die Dinge mit anderen Augen zu sehen als die Männer. Die Frau ist fähig, Fragen zu stellen, die wir Männer nicht in der Lage sind, auf den Punkt zu bringen. Gebt Acht: Sie [er zeigt auf Glyzelle] hat heute die einzige Frage gestellt, auf die es keine Antwort gibt. Und es fehlten ihr die Worte, sie musste es uns mit ihren Tränen sagen. Wenn also der nächste Papst nach Manila kommt, dann mögen bitte mehr Frauen da sein! [Applaus].

Ich danke dir, Jun, der du deine Erfahrung so mutig zum Ausdruck gebracht hast. Wie ich eben sagte, gibt es auf den Kern deiner Frage eigentlich keine Antwort. Nur wenn wir fähig sind, über das, was ihr erlebt habt, zu weinen, können wir etwas begreifen und etwas antworten. Die große Frage für alle: Warum das Leid der Kinder? Warum müssen die Kinder leiden? Erst wenn das Herz dahin gelangt, sich die Frage zu stellen und zu weinen, können wir etwas begreifen. Es gibt ein weltliches Mitleid, das uns nichts nützt! Ihr habt etwas davon erzählt. Ein Mitleid, das uns höchstens dazu bringt, mit der Hand in die Tasche zu greifen und eine Münze zu geben. Du hast das angesprochen. Wenn Christus dieses Mitleid gehabt hätte, wäre er vorbeigekommen, hätte drei oder vier Menschen geheilt und wäre zum Vater zurückgekehrt. Erst als Christus weinte und fähig war zu weinen, hat er unsere Tragödien verstanden.

Liebe junge Freunde und Freundinnen, der Welt von heute fehlt das Weinen! Es weinen die Ausgegrenzten, es weinen die Ausgeklammerten, es weinen die Verachteten, doch diejenigen, die wie wir ein mehr oder weniger sorgenfreies Leben führen, verstehen nicht zu weinen. Gewisse Realitäten des Lebens sieht man nur mit Augen, die durch Tränen reingewaschen sind. Ich lade jeden von euch ein, sich zu fragen: Habe ich gelernt zu weinen? Habe ich gelernt zu weinen, wenn ich ein hungriges Kind sehe, ein Kind unter Drogeneinfluss auf der Straße, ein obdachloses, ein verlassenes Kind, ein missbrauchtes Kind, ein von der Gesellschaft als Sklave benutztes Kind? Oder ist mein Weinen das eigensinnige Weinen dessen, der weint, weil er gerne noch mehr haben möchte? – Das ist das Erste, was ich euch sagen möchte: Lernen wir zu weinen, wie sie [Glyzelle] uns heute gelehrt hat. Vergessen wir dieses Zeugnis nicht! Die große Frage: Warum das Leiden der Kinder? hat sie weinend gestellt, und die große Antwort, die wir alle geben können ist, weinen zu lernen.

Jesus – im Evangelium – hat geweint. Er weinte um seinen verstorbenen Freund. Er weinte in seinem Herzen um diese Familie, die ihre Tochter verloren hatte. Er weinte in seinem Herzen, als er diese arme Witwe sah, die ihren Sohn zu Grabe trug. Er war innerlich bewegt und weinte in seinem Herzen, als er die Menschenmenge wie Schafe ohne Hirten sah. Wenn Ihr nicht lernt zu weinen, seid Ihr keine guten Christen. Und das ist eine Herausforderung. Jun Chura und seine Gefährtin, die heute gesprochen haben, haben uns diese Herausforderung gestellt. Und wenn sie uns fragen: Warum leiden die Kinder? Warum geschieht dies oder jenes Traurige im Leben? – dann möge unsere Antwort entweder Schweigen sein oder ein Wort, das aus Tränen geboren ist. Seid mutig, habt keine Angst zu weinen!

Und dann kam Leandro Santos II. Doch er stellte Fragen zur Welt der Information. Mit den vielen Medien sind wir heute informiert, ja, überinformiert. Ist das schlecht? Nein! Es ist gut und hilfreich. Doch wir laufen Gefahr, zu leben, indem wir Informationen anhäufen. Und wir besitzen viele Informationen, doch vielleicht wissen wir nicht, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Wir sind in Gefahr, uns in „Museums-Jugendliche“ zu verwandeln, die alles haben, aber nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Wir brauchen keine „Museums-Jugendlichen“, sondern weise junge Menschen. Ihr könntet mich fragen: Vater, wie kann man es erreichen, weise zu sein? Und das ist eine weitere Herausforderung: die Herausforderung der Liebe. Was ist der wichtigste Lehrstoff, den man an der Universität lernen muss? Was ist der wichtigste Lehrstoff, den es im Leben zu lernen gilt? Lieben lernen. Und das ist die Herausforderung, die das Leben heute an euch stellt: Lieben lernen! Nicht nur Informationen anhäufen – es kommt der Moment, in dem du nichts damit anzufangen weißt; das ist ein Museum –, sondern durch die Liebe dafür sorgen, dass diese Information fruchtbar sei. Dafür bietet uns das Evangelium einen unbeschwerten, ruhigen Weg: die drei Sprachen verwenden – die Sprache des Verstandes, die Sprache des Herzens und die Sprache der Hände. Und diese drei Sprachen im Einklang miteinander: Was du denkst, das empfindest du und das verwirklichst du. Deine Information sinkt hinab ins Herz, rührt es an und bewirkt etwas. Und das in vollem Einklang: denken, was man fühlt und was man tut; fühlen, was man denkt und was man tut; tun, was man denkt und was man fühlt. Die drei Sprachen. Seid ihr bereit, die drei Sprachen zu wiederholen? Denken, fühlen, tun. – Mit lauter Stimme! [Sie wiederholen es] Und all das im Einklang miteinander.

Die wahre Liebe besteht darin, zu lieben und sich lieben zu lassen. Es ist schwieriger, sich lieben zu lassen, als zu lieben. Darum ist es so schwer, zur vollkommenen Gottesliebe zu gelangen, denn wir können ihn lieben, doch das Wichtige ist, uns von ihm lieben zu lassen. Die wahre Liebe ist, sich dieser Liebe zu öffnen, die uns zuvorkommt und die eine Überraschung in uns auslöst. Wenn ihr nur all die Information habt, seid ihr nicht offen für Überraschungen. Die Liebe öffnet dich für die Überraschungen; die Liebe ist immer eine Überraschung, denn sie setzt einen Dialog zwischen zwei Personen voraus: zwischen dem, der liebt, und dem, der geliebt wird. Und von Gott sagen wir, dass er der Gott der Überraschungen ist, denn er hat uns immer zuerst geliebt, und er erwartet uns mit einer Überraschung. Gott überrascht uns. Lassen wir uns von Gott überraschen! Und lasst uns nicht die Psychologie des Computers haben: uns einzubilden, alles zu wissen! Wie ist das? Warte einen Augenblick, und der Computer hat alle Antworten – keine Überraschung. In der Herausforderung der Liebe offenbart Gott sich mit Überraschungen.

Denken wir an den heiligen Matthäus. Er war ein guter Finanzmann. Obendrein betrog er sein Heimatland, denn er zog die Steuern der Juden ein, um sie an die Römer auszuzahlen. Er hatte Geld in Fülle und kassierte die Steuern. Da kommt Jesus vorbei, sieht ihn an und sagt: „Komm, folge mir nach!“ Er konnte es nicht glauben. Wenn ihr Zeit habt, schaut euch das Gemälde an, in dem Caravaggio diese Szene dargestellt hat. Jesus ruft ihn und zeigt auf ihn. Die bei ihm stehen, sagen: „Der da, der ein Verräter ist, ein unverschämter Kerl?“ Und er klammert sich ans Geld und will es nicht liegen lassen. Doch die Überraschung, geliebt zu sein, überwältigte ihn, und er folgte Jesus. An jenem Morgen, als Matthäus zur Arbeit ging und sich von seiner Frau verabschiedete, hatte er nicht im Geringsten daran gedacht, dass er ohne Geld und in Eile zurückkehren würde, um sie zu bitten, ein Festmahl zu bereiten. Das Festmahl für den, der ihn zuerst geliebt hatte, der ihn mit etwas sehr Wichtigem überrascht hatte, das wichtiger war, als alles Geld, das er besaß.

Lasst euch von Gott überraschen! Habt keine Angst vor Überraschungen – sie erschüttern den Boden unter deinen Füßen und verunsichern dich, doch sie bringen uns auf den Weg. Die wahre Liebe drängt dich, dein Leben zu verausgaben, auch auf die Gefahr, am Ende mit leeren Händen dazustehen. Denken wir an den heiligen Franziskus: Er ließ alles zurück und starb mit leeren Händen, aber mit erfülltem Herzen.

Einverstanden? Keine Museums-Jugendlichen, sondern weise junge Menschen. Um weise zu sein, die drei Sprachen gebrauchen: gut denken, gut fühlen und gut handeln. Und um weise zu sein, sich überraschen lassen von der Liebe Gottes und gehen und das Leben hingeben.

Danke für deinen heutigen Beitrag!

Und er, der mit einem guten Programm gekommen ist, um uns zu zeigen, wie wir im Leben vorangehen können, war Rikki! Er hat von all den Aktivitäten erzählt, von allem, was er tut, von allem, was diese Jugendlichen tun, von allem, was sie tun können. Danke, Rikki, danke für das, was ihr tut, du und deine Gefährten! Doch ich möchte dir eine Frage stellen: Du und deine Freunde, ihr geht, um zu geben, ihr gebt, gebt, helft… aber ihr: Lasst ihr zu, dass man euch etwas gibt? Antwortet in eurem Herzen. In dem Evangelium, das wir vorhin gehört haben, gibt es einen Satz, der für mich der wichtigste von allen ist. Das Evangelium sagt, dass Jesus diesen jungen Mann ansah. Er sah ihn an, und er liebte ihn. Wenn einer die Gruppe der Gefährten von Rikki sieht und Rikki selbst, dann mag er sie sehr, denn sie tun sehr gute Dinge. Doch der wichtigste Satz, den Jesus sagt, lautet: „Eines fehlt dir noch.“ Lasst uns – jeder für sich – dieses Wort Jesu anhören. Im Schweigen. „Eines fehlt dir noch.“

Was fehlt mir? Alle, die Jesus so sehr liebt, weil sie den anderen so viel geben, frage ich: Erlaubst du, dass die anderen dir von diesem anderen Reichtum geben, den du nicht hast?

Die Sadduzäer, die Schriftgelehrten aus der Zeit Jesu gaben dem Volk viel: Sie gaben das Gesetz, sie lehrten sie, aber niemals ließen sie zu, dass das Volk ihnen etwas gab.  Es musste Jesus kommen, um sich vom Volk innerlich anrühren zu lassen. Wie viele junge Menschen – ich sage das nicht von euch – aber wie viele junge Menschen wie ihr, die hier sind, verstehen zu geben, haben aber nicht gelernt zu empfangen!

Eines fehlt dir noch: Bettler zu werden! Das ist es, was uns fehlt: zu lernen, die anzubetteln, denen wir etwas geben. Das ist nicht leicht zu verstehen – betteln lernen. Lernen, von der Demut derer zu empfangen, denen wir helfen. Lernen, von den Armen evangelisiert zu werden. Die Menschen, denen wir helfen – Arme, Kranke, Waisen – haben uns viel zu geben. Mache ich mich zum Bettler und bitte ich auch darum? Oder bin ich mir selbst genug und will nur geben? Ihr, die ihr lebt, indem ihr immer gebt und glaubt, nichts nötig zu haben, wisst ihr, dass ihr arme Schlucker seid? Wisst ihr, dass ihr sehr arm seid und bedürftig, selbst etwas zu empfangen? Lässt du dich evangelisieren von den Armen, von den Kranken, von denjenigen, denen du hilfst? – Das ist es, was all denen zur Reifung verhilft, die sich wie Rikki in der Arbeit engagieren, anderen etwas zu geben: lernen, aus dem eigenen Elend heraus die Hand auszustrecken.

Ich habe einige Punkte, die ich vorbereitet hatte. Der erste ist, wie ich schon sagte: lernen, zu lieben, und lernen, sich lieben zu lassen. Außerdem gibt es noch eine andere Herausforderung: die der Rechtschaffenheit. Und dann – nicht nur, weil euer Land mehr als viele andere wahrscheinlich ernstlich vom Klimawechsel bedroht ist – gibt es die Herausforderung der Sorge für die Umwelt. Und schließlich ist da die Herausforderung der Armen. Die Armen zu lieben. Eure Bischöfe möchten, dass ihr in diesem Jahr den Armen eine besondere Aufmerksamkeit widmet. Denkt ihr an die Armen? Fühlt ihr mit den Armen? Tut ihr etwas für die Armen? Und bittet ihr die Armen, euch von der Weisheit zu geben, die sie besitzen? Das ist es, was ich euch heute sagen wollte. Verzeiht, dass ich fast nichts von dem gelesen habe, was ich vorbereitet hatte. Doch es gibt einen Satz, der mich ein wenig tröstet: „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee“, und die Wirklichkeit, die ihr zur Sprache gebracht habt, die Wirklichkeit von euch selbst ist wichtiger als alle Ideen, die ich vorbereitet hatte. Danke! Vielen Dank! Und betet für mich!


Vom Heiligen Vater vorbereitete Ansprache

Liebe junge Freunde,

ich freue mich, heute Morgen bei euch zu sein. Ich begrüße jeden von euch aus ganzem Herzen und danke allen, die diese Begegnung ermöglicht haben. Während meines Besuches auf den Philippinen wollte ich mich besonders mit jungen Menschen treffen, euch zuhören und mit euch sprechen. Ich möchte die Liebe der Kirche zu euch und die Hoffnung, die sie auf euch setzt, zum Ausdruck bringen. Und ich möchte euch als christliche Bürger dieses Landes ermutigen, euch selbst leidenschaftlich und ehrlich in das große Werk der Erneuerung eurer Gesellschaft und der Hilfe beim Aufbau einer besseren Welt einzubringen.

In besonderer Weise danke ich den jungen Freunden, die mich willkommen geheißen haben. Wortgewandt haben sie in eurem Namen eure Anliegen und Sorgen, euren Glauben und eure Hoffnungen zum Ausdruck gebracht. Sie haben von den Schwierigkeiten und den Erwartungen der Jugendlichen gesprochen. Obwohl ich nicht auf jede dieser Fragen ausführlich eingehen kann, weiß ich, dass ihr sie gemeinsam mit euren Seelsorgern wie auch untereinander betend bedenken und konkrete Handlungsvorschläge für euer Leben machen werdet.

Heute möchte ich euch auf drei Hauptbereiche hinweisen, in denen ihr einen bedeutenden Beitrag zum Leben eures Landes zu leisten habt. Der erste von ihnen ist die Herausforderung der Rechtschaffenheit. Das Wort „Herausforderung“ kann auf zwei Weisen verstanden werden. Zuerst kann es negativ verstanden werden als eine Versuchung, gegen eure moralischen Überzeugungen, gegen das, was ihr als wahr, gut und recht erkennt, zu handeln. Unsere Rechtschaffenheit kann durch egoistische Interessen, Gier, Unehrlichkeit oder den Willen, sich anderer zu bedienen, herausgefordert werden.

Doch das Wort „Herausforderung“ kann auch positiv verstanden werden. Es kann als Einladung zum Mut gesehen werden, als Aufforderung, ein prophetisches Zeugnis für das zu geben, was ihr glaubt und heilig haltet. In diesem Sinn ist die Herausforderung der Rechtschaffenheit etwas, dem ihr euch jetzt, in dieser Zeit eures Lebens stellen müsst. Es ist nicht etwas, das ihr aufschieben könnt, bis ihr älter seid und größere Verantwortungen tragt. Gerade jetzt seid ihr herausgefordert, in euren Beziehungen zu anderen – Jungen wie Alten – mit Ehrlichkeit und Fairness zu handeln. Weicht der Herausforderung nicht aus! Eine der bedeutendsten Herausforderungen, die junge Menschen angehen müssen, ist die, lieben zu lernen. Liebe bedeutet, ein Risiko einzugehen: das Risiko der Zurückweisung, das Risiko, ausgenutzt zu werden oder – noch schlimmer – einen anderen auszunutzen. Habt keine Angst zu lieben! Aber bewahrt auch in der Liebe eure Rechtschaffenheit! Seid auch hier ehrlich und fair!

In der Lesung, die wir gerade gehört haben, sagt Paulus zu Timotheus: » Niemand soll dich wegen deiner Jugend gering schätzen. Sei den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit « ( Tim 4,12). Ihr seid also berufen, ein gutes Beispiel zu geben, ein Beispiel der Rechtschaffenheit. Wenn ihr das tut, werdet ihr natürlich auf Opposition stoßen, Negativem, Entmutigung und sogar Spott ausgesetzt sein. Doch ihr habt ein Geschenk erhalten, das euch befähigt, euch über diese Schwierigkeiten zu erheben. Es ist das Geschenk des Heiligen Geistes. Wenn ihr dieses Geschenk durch tägliches Gebet nährt und aus der Teilnahme an der Eucharistie Kraft schöpft, werdet ihr imstande sein, die moralische Größe zu erlangen, zu der Jesus euch ruft. Ihr werdet auch eine Orientierungshilfe für die unter euren Freunden sein, die mit sich ringen. Ich denke besonders an die jungen Menschen, die versucht sind, die Hoffnung zu verlieren, ihre hohen Ideale aufzugeben, die Schule zu verlassen oder von Tag zu Tag auf der Straße zu leben.

So ist es wesentlich, eure Rechtschaffenheit nicht zu verlieren! Eure Ideale nicht zu gefährden! Versuchungen gegen Güte, Heiligkeit, Mut und Lauterkeit nicht nachzugeben! Stellt euch der Herausforderung! Mit Christus werdet ihr die Erbauer einer erneuerten und gerechteren philippinischen Kultur sein – in der Tat seid ihr es schon!

Der zweite Hauptbereich, in dem ihr berufen seid, einen Beitrag zu leisten, ist die Sorge für die Umwelt, die ihr zeigen sollt. Und das nicht nur, weil euer Land mehr als viele andere wahrscheinlich ernstlich vom Klimawechsel bedroht ist. Nicht nur als verantwortliche Bürger seid ihr berufen, die Schöpfung zu pflegen, sondern auch als Anhänger Christi! Achtung vor der Umwelt bedeutet mehr, als bloß reinere Produkte zu gebrauchen oder von uns gebrauchtes Material der Wiederaufbereitung zuzuführen. Dies sind wichtige Aspekte, aber sie genügen nicht. Wir müssen mit den Augen des Glaubens die Schönheit von Gottes Rettungsplan sehen, die Verbindung erkennen zwischen der natürlichen Umgebung und der Würde der menschlichen Person. Männer und Frauen sind als Gottes Abbild und ihm ähnlich erschaffen, und ihnen ist die Herrschaft über die Schöpfung übertragen (vgl. Gen 1,26-28). Als Verwalter von Gottes Schöpfung sind wir berufen, die Erde zu einem wunderschönen Garten für die Menschheitsfamilie zu machen. Wenn wir unsere Wälder zerstören, unseren Erdboden verwüsten und unsere Meere verseuchen, verraten wir diese edle Berufung.

Vor drei Monaten haben eure Bischöfe diese Themen in einem prophetischen Hirtenbrief angesprochen. Sie forderten alle auf, über die moralische Dimension unseres Handelns und unserer Lebensstile, unseres Konsums und unseres Gebrauchs der Ressourcen der Erde nachzudenken. Heute bitte ich euch, das im Zusammenhang mit eurem Leben und eurem Engagement zum Aufbau von Christi Reich zu tun. Liebe junge Freunde, der rechte Gebrauch und die korrekte Verwaltung der Ressourcen der Erde ist eine dringende Aufgabe, und ihr habt einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten. Ihr seid die Zukunft der Philippinen. Lasst euch berühren von dem, was mit eurem wunderschönen Land geschieht!

Ein letzter Bereich, in dem ihr einen Beitrag leisten könnt, ist einer, der uns allen lieb ist. Es ist die Sorge für die Armen. Wir sind Christen. Wir sind Glieder von Gottes Familie. Unabhängig davon, wie viel oder wie wenig wir persönlich besitzen, ist jeder von uns gerufen, selber die Hand auszustrecken und unseren notleidenden Brüdern und Schwestern zu dienen. Es gibt immer jemanden in unserer Nähe, der in Not ist, materiell, emotional oder spirituell. Das größte Geschenk, das wir ihnen machen können, ist unsere Freundschaft, unser Interesse, unsere zärtliche Zuwendung, unsere Liebe zu Jesus. Ihn zu empfangen bedeutet, alles zu besitzen; ihn zu schenken bedeutet, das größte aller Geschenke zu machen.

Viele von euch wissen, was es bedeutet, arm zu sein. Aber viele von euch haben auch etwas von der Seligkeit erfahren, die Jesus den „Armen im Geist“ (vgl. Mt 5,3) verheißen hat. Hier möchte ich ein Wort der Ermutigung und des Dankes an all die unter euch richten, die sich entschieden haben, unserem Herrn in seiner Armut zu folgen durch eine Berufung zum Priestertum und zum Ordensleben; indem ihr auf diese Armut Anspruch erhebt, werdet ihr viele bereichern. Doch euch alle, besonders die, welche mehr tun und mehr geben können, fordere ich auf: Bitte, tut mehr! Bitte, gebt mehr! Wenn ihr eure Zeit, eure Talente und eure Reichtümer vielen Menschen gebt, die zu kämpfen haben und die an den Peripherien leben, dann verändert ihr etwas. Es ist eine Veränderung, die so dringend notwendig ist und für die ihr vom Herrn reichlichen Lohn erhalten werdet. Denn, wie er selbst gesagt hat: » du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben « (Mk 10,21).

Vor zwanzig Jahren hat der heilige Johannes Paul II. an ebendiesem Ort gesagt, dass die Welt » eine neue Art von jungen Menschen « braucht – eine, die sich den höchsten Idealen verpflichtet und begierig ist, die Zivilisation der Liebe aufzubauen. Seid ihr diese jungen Menschen! Verliert niemals euren Idealismus! Seid frohe Zeugen von Gottes Liebe und dem wunderschönen Plan, den er für uns, für dieses Land und für die Welt hat, in der wir leben. Bitte, betet für mich! Gott segne euch alle!

 

 



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