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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS 
AN DAS GEMEINSAME KOMITEE DER
KONFERENZ EUROPÄISCHER KIRCHEN (KEK)

Donnerstag, 7. Mai 2015

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Liebe Brüder und Schwestern!

Ich heiße euch herzlich willkommen und danke euch für euren Besuch. Insbesondere danke ich Kardinal Peter Erdö und Pastor Christopher Hill für ihre freundlichen Worte. Das Komitee, dem ihr derzeit angehört, hat den Zweck, den ökumenischen Weg in Europa zu begleiten, wo viele der heute noch bestehenden Spaltungen zwischen Christen ihren Anfang genommen haben. Lange Zeit haben die Christen dieses Kontinents einander bekämpft. Heute ist die Situation, Gott sei Dank, sehr viel anders. Die ökumenische Bewegung hat den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Europa große Fortschritte auf dem Weg der Versöhnung und des Friedens möglich gemacht. Die kürzlich abgehaltenen Europäischen Ökumenischen Versammlungen und die 2001 in Straßburg verfasste Charta Oecumenica sind Faktoren fruchtbarer Zusammenarbeit zwischen der Konferenz Europäischer Kirchen und dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen. Diese Initiativen geben Anlass zu großer Hoffnung hinsichtlich der Überwindung der Spaltungen, wenn auch mit dem Bewusstsein, wie weit der Weg zur vollen und sichtbaren Einheit aller an Christus Glaubenden ist. Tatsächlich ist der Weg mit all seinen Mühen bereits Bestandteil des Prozesses der Versöhnung und der Gemeinschaft, um den der Herr uns bittet und den er uns gehen lässt, wenn er nur in Liebe und Wahrheit gelebt wird.

Das Konzilsdekret über die Ökumene Unitatis redintegratio unterstreicht, dass die Spaltung unter den Christen »ein Schaden für die heilige Sache der Verkündigung des Evangeliums vor allen Geschöpfen« (Nr. 1) ist. Das wird zum Beispiel deutlich, wenn die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Europa in Bezug auf wichtige anthropologische und ethische Fragen unterschiedliche Ansichten präsentieren. Ich hoffe daher, dass es nicht an Gelegenheiten zur fruchtbaren gemeinsamen Reflexion im Licht der Heiligen Schrift und der gemeinsamen Tradition fehlen möge. Wenn wir gemeinsam auf Jesus Christus, den Herrn, blicken, der »in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst voll kund macht und ihm seine höchste Berufung erschließt« (Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 22), können wir gemeinsame Antworten finden auf die Fragen, die die zeitgenössische Gesellschaft an uns Christen stellt. Je näher wir Christus sind, desto mehr werden wir untereinander eins sein.

Heute stehen die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in Europa vor neuen und entscheidenden Herausforderungen, auf die sie nur wirksam antworten können, wenn sie mit einer einzigen Stimme sprechen. Ich denke zum Beispiel an die Herausforderung, die von Gesetzgebungen gestellt wird, die im Namen eines falsch verstandenen Toleranzprinzips den Bürgern verbieten, die eigene religiöse Überzeugung frei zum Ausdruck zu bringen und in friedlicher und legitimer Weise zu praktizieren. Gegenüber der Haltung, mit der Europa die dramatische und häufig tragische Migration von Tausenden von Menschen, die auf der Flucht vor Kriegen, Verfolgungen und Elend sind, anzugehen scheint, sind die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zur Zusammenarbeit verpflichtet, um Solidarität und Aufnahme zu unterstützen. Die Christen Europas sind aufgerufen, mit ihrem Gebet Fürsprache zu halten und sich aktiv einzusetzen, um Dialog und Frieden in die aktuellen Konflikte zu tragen.

Während ich erneut meine Anerkennung für euren kirchlichen Dienst zum Ausdruck bringe, rufe ich auf euch den immerwährenden Segen des Herrn herab. Bitte, vergesst nicht, für mich zu beten. Danke.

 



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