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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH MYANMAR UND BANGLADESCH
(26. NOVEMBER - 2. DEZEMBER 2017)

BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN

ANSPRACHE DES HEILIGEN VATERS

Nebengebäude der Kathedrale St. Maryʼs (Yangon)
Mittwoch, 29. November 2017

[Multimedia]


 

 

Eminenz, liebe Brüder im Bischofsamt,

für uns alle war es ein ausgefüllter Tag, der aber von großer Freude geprägt war! Heute Morgen haben wir gemeinsam mit den aus allen Teilen des Landes kommenden Gläubigen die Eucharistie gefeiert und am Nachmittag sind wir den Verantwortungsträgern der buddhistischen Mehrheit begegnet. Ich wünsche mir, dass unsere Begegnung heute Abend ein Moment froher Dankbarkeit für diese Segnungen sowie eine Gelegenheit ruhiger Reflexion über die Freuden und Herausforderungen eures Dienstes als Hirten der Herde Christi in diesem Land sein wird. Ich danke Bischof Felix [Lian Khen Thang] für die Begrüßungsworte, die er in eurem Namen an mich gerichtet hat; ich umarme euch alle mit großer Herzlichkeit im Herrn.

Ich möchte meine Überlegungen um drei Worte gruppieren: Heilung, Begleitung und Prophetie.

Das erste Wort lautet Heilung. Das Evangelium, das wir predigen, ist vor allem eine Botschaft der Heilung, der Versöhnung und des Friedens. Durch das Blut Christi am Kreuz hat Gott die Welt mit sich versöhnt und uns gesandt, Boten dieser heilenden Gnade, dieser Heilungsgnade, zu sein. Hier in Myanmar hat diese Botschaft einen besonderen Widerhall gefunden in Anbetracht der Tatsache, dass das Land daran arbeitet, die tiefverwurzelten Spaltungen zu überwinden und die nationale Einheit aufzubauen. Eure Herden tragen die Spuren dieses Konflikts an sich und haben mutige Zeugen des Glaubens und der antiken Überlieferungen hervorgebracht. Für euch darf demnach die Verkündigung des Evangeliums nicht nur eine Quelle des Trostes und der Kraft sein, sondern auch ein Ruf, die Einheit, die Liebe und die Heilung im Leben des Volkes zu fördern. Die Einheit, die wir gemeinsam haben und hochhalten, entsteht aus der Verschiedenheit – vergesst das nicht, sie entsteht aus der Verschiedenheit. Diese bringt die Unterschiedlichkeiten unter den Personen als Quelle gegenseitigen Wachstums und Bereicherung zur Geltung; sie lädt sie dazu ein, sich in einer Kultur der Begegnung und der Solidarität zusammenzufinden.

Mögt ihr in eurem bischöflichen Dienst beständig die Führung und Hilfe des Herrn erfahren, wenn ihr euch dafür einsetzt, die Heilung und das Miteinander auf jeder Ebene des Lebens der Kirche zu fördern. Auf diese Weise kann das heilige Volk Gottes, eure Herde, durch sein Beispiel des Verzeihens und der versöhnenden Liebe Salz und Licht für die Herzen derer sein, die nach jenem Frieden trachten, den die Welt nicht geben kann. Die katholische Gemeinschaft in Myanmar kann auf ihr prophetisches Zeugnis der Liebe zu Gott und zum Nächsten stolz sein, das im Einsatz für die Armen zum Ausdruck kommt, für diejenigen, die ihrer Rechte beraubt sind, und in der heutigen Zeit vor allem für die vielen Flüchtlinge, die sozusagen verwundet an den Rändern der Straße liegen. Ich bitte euch, meinen Dank an all diejenigen weiterzugeben, die wie der gute Samariter sich großzügig dafür engagieren, um ihnen und dem Nächsten in Not ungeachtet seiner Religion oder seiner ethnischen Herkunft den Balsam der Heilung zu bringen.

Euer Dienst der Heilung findet im Einsatz für den ökumenischen Dialog und die interreligiöse Zusammenarbeit einen besonderen Ausdruck. Ich bete, dass eure beständigen Bemühungen zum Aufbau von Brücken des Dialogs und zur Verbindung mit Anhängern anderer Religionen, um Beziehungen des Friedens zu knüpfen, reiche Früchte der Versöhnung im Leben des Landes hervorbringen. Die Konferenz des interreligiösen Friedens, die im vergangenen Frühjahr in Yangon stattgefunden hat, war ein wichtiges Zeugnis vor der Welt für die Entschlossenheit der Religionen, in Frieden zu leben und jeden im Namen der Religion verübten Akt der Gewalt oder des Hasses zu verwerfen.

Und bei dieser Heilung erinnert euch daran, dass die Kirche ein „Feldlazarett“ ist. Heilen, Wunden heilen, die Seelen heilen, heilen. Das ist eure erste Sendung: heilen, die Wunden heilen.

Mein zweites Wort für euch heute Abend ist Begleitung. Ein guter Hirte ist beständig für seine Herde da, indem er sie begleitet und führt. Wie ich gerne sage, müsste der Hirte den Geruch seiner Schafe annehmen, aber auch den Geruch Gottes – vergesst dies nicht! –, auch den Geruch Gottes. Heutzutage sind wir gerufen eine „Kirche im Aufbruch“ zu sein, um das Licht Christi in alle Randgebiete zu bringen (vgl. Evangelii gaudium, 20). Als Bischöfe seid ihr mit eurem Leben und in eurem Dienst dazu berufen, diesem Geist missionarischer Einbeziehung zu entsprechen, vor allem durch die pastoralen Besuche in den Pfarreien und den Gemeinschaften, die eure Ortskirchen bilden. Dies ist ein bevorzugtes Mittel, um als liebevolle Väter eure Priester im täglichen Einsatz für das Wachstum der Herde in Gesundheit, Treue und im Geist des Dienens zu begleiten. Ich habe davon gesprochen, die Priester zu begleiten: Seid euren Priestern nahe; vergesst nicht, dass der Allernächste für einen Bischof der Priester ist. Jeder Priester soll nicht nur wissen, sondern spüren, dass er im Bischof einen Vater hat.

Durch Gottes Gnade hat die Kirche in Myanmar einen gefestigten Glauben und ein glühendes missionarisches Verlangen vom Werk derjenigen, die das Evangelium in dieses Land gebracht haben, geerbt. Auf diesen stabilen Fundamenten und in Gemeinschaft mit den Priestern und Ordensleuten mögt ihr weiter die Laien mit dem Geist einer echten missionarischen Jüngerschaft durchdringen und nach einer weisen Inkulturation der Botschaft des Evangeliums im Alltag und den Traditionen eurer örtlichen Gemeinschaften suchen. Diesbezüglich ist der Beitrag der Katecheten wesentlich; die Vertiefung ihrer Ausbildung muss für euch eine Priorität bleiben. Und vergesst nicht, dass in jeder Pfarrei die Katecheten die Säulen der Evangelisierung sind.

Vor allem möchte ich euch um einen besonderen Einsatz in der Begleitung der jungen Menschen bitten. Kümmert euch um ihre Bildung in den gesunden Grundsätzen der Moral, die sie führen werden, wenn sie sich den Herausforderungen einer Welt, die von der ideologischen und kulturellen Kolonisierung bedroht ist, stellen müssen. Die nächste Bischofssynode wird nicht nur diese Aspekte betreffen, aber sie wird direkt die jungen Menschen hinzuziehen, indem sie ihre Geschichten anhören und sie in die gemeinsamen Überlegungen einbeziehen wird, wie man am besten das Evangelium in den kommenden Jahren verkünden soll. Eine der großen Segnungen der Kirche in Myanmar ist seine Jugend und insbesondere die Zahl der Seminaristen und der jungen Ordensleute. Danken wir Gott dafür. Bitte bezieht sie im Geist der Synode mit ein und unterstützt sie auf dem Weg des Glaubens, weil sie gerufen sind, durch ihren Idealismus und ihre Begeisterung freudige Verkünder des Evangeliums zu sein, die ihre Altersgenossen überzeugen können.

Mein drittes Wort für euch ist Prophetie. Die Kirche in Myanmar bezeugt durch ihre erzieherischen und karitativen Werke, ihre Verteidigung der Menschenrechte und ihre Unterstützung der demokratischen Prinzipien täglich das Evangelium. Mögt ihr die katholische Gemeinschaft befähigen, weiterhin eine konstruktive Rolle im Leben der Gesellschaft einzunehmen, indem ihr eurer Stimme in den Fragen von nationalem Interesse Gehör verschafft und insbesondere auf die Achtung der Würde und der Rechte aller besteht, vor allem der Ärmsten und am meisten Verwundbaren. Ich bin zuversichtlich, dass der fünfjährige Pastoralplan, den die Kirche im größeren Kontext des Aufbaus des Staates entwickelt hat, reiche Frucht nicht nur für die Zukunft der örtlichen Gemeinden, sondern auch für das ganze Land bringen wird. Ich beziehe mich speziell auf die Notwendigkeit des Umweltschutzes und der Sicherung eines richtigen Gebrauchs der reichen natürlichen Ressourcen des Landes zugunsten der künftigen Generationen. Die Bewahrung der Schöpfung als Gabe Gottes kann von einer gesunden menschlichen und sozialen Ökologie nicht getrennt werden. In der Tat ist »die echte Sorge für unser eigenes Leben und unsere Beziehungen zur Natur nicht zu trennen […] von der Brüderlichkeit, der Gerechtigkeit und der Treue gegenüber den anderen« (Laudato si’, 70).

Liebe Brüder im Bischofsamt, ich danke Gott für diesen Moment der Gemeinschaft und bete, dass dieses unser Beisammensein uns im Einsatz bestärken wird, treue Hirten und Diener der Herde zu sein, die Christus uns anvertraut hat. Ich weiß, dass euer Dienst fordernd ist und dass ihr euch zusammen mit euren Priestern oftmals unter der Last des Tages und der Hitze (vgl. Mt 20,12) abmüht. Ich fordere euch auf, die Ausgeglichenheit in der physischen wie in der spirituellen Gesundheit zu bewahren und auf väterliche Weise an die Gesundheit eurer Priester zu denken.

Da wir gerade von der spirituellen Gesundheit reden, so denkt an die erste Aufgabe des Bischofs. Als die ersten Christen die Klage der Hellenisten hörten, dass ihre Witwen und deren Kinder nicht gut versorgt wurden, haben sich die Apostel versammelt und die Diakone „erfunden“. Und Petrus verkündet diese Nachricht und damit auch die Aufgabe des Bischofs, wenn er sagt: „Unsere Aufgabe ist das Gebet und die Verkündigung des Wortes Gottes“ (vgl. Apg 6,1-6). Das Gebet ist die erste Aufgabe des Bischofs. Jeder von uns Bischöfen muss sich bei der Gewissenserforschung am Abend fragen: „Wie viele Stunden habe ich heute gebetet“.

Liebe Brüder, ich fordere euch auf, das Gleichgewicht der physischen und der spirituellen Gesundheit zu wahren. Vor allem ermutige ich euch, täglich im Gebet und der Erfahrung der versöhnenden Liebe Gottes zu wachsen, weil dies die Grundlage eurer priesterlichen Identität ist, die Gewähr für die Überzeugungskraft eurer Predigt und die Quelle der pastoralen Liebe ist, mit der ihr das Volk Gottes auf den Pfaden der Heiligkeit und der Wahrheit leitet. Von ganzem Herzen rufe ich die Gnade Gottes über euch herab, über die Priester, die Ordensleute und alle Laien euer Ortskirchen. Ich bitte euch nicht zu vergessen, für mich zu beten.

Nun lade ich euch ein, gemeinsam mit einem Ave Maria zur Gottesmutter Maria zu beten, ihr auf Birmanisch, ich auf Spanisch.

[Ave Maria]

Es segne euch der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

 



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