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BENEDIKT XVI.

ANGELUS

Apostolischer Palast Castel Gandolfo
Sonntag, 4. September 2011

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Liebe Brüder und Schwestern!

Die biblischen Lesungen bei der Messe des heutigen Sonntags handeln vom Thema der brüderlichen Liebe in der Gemeinde der Gläubigen, die ihren Quell in der Gemeinschaft der Dreifaltigkeit hat. Der Apostel Paulus sagt, daß das ganze Gesetz Gottes seine Erfüllung in der Liebe findet, so daß im Hinblick auf unsere Beziehungen zu den anderen die Zehn Gebote und jede andere Vorschrift in folgendem Gebot zusammengefaßt sind: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (vgl. Röm 13,8–10). Der Text aus dem  Evangelium, der dem 18. Kapitel nach Matthäus entnommen und dem Leben der christlichen Gemeinde gewidmet ist, sagt uns, daß die brüderliche Liebe auch einen Sinn für gegenseitige Verantwortung mit sich bringt; wenn sich daher mein Bruder mir gegenüber schuldig macht, so muß ich ihm gegenüber Liebe walten lassen und vor allem mit ihm persönlich sprechen, um ihm klarzumachen, daß das, was er getan oder gesagt hat, nicht gut ist. Diese Vorgehensweise heißt brüderliche Zurechtweisung: Sie ist keine Reaktion auf eine erlittene Beleidigung, sondern geschieht aus Liebe zum Bruder heraus. Der hl. Augustinus merkt dazu an: »Derjenige, der dich beleidigt hat, hat sich dadurch eine sehr schwere Wunde zugefügt, und du kümmerst dich nicht um die Wunde deines Bruders? … Du mußt die Beleidigung vergessen, die dir zugefügt wurde, nicht die Wunde deines Bruders« (Sermones 82,7).

Und wenn der Bruder nicht auf mich hört? Jesus verweist im heutigen Evangelium auf ein schrittweises Vorgehen: Zuerst soll man mit ihm gemeinsam mit zwei oder drei anderen Menschen sprechen, um ihm besser zu helfen, sich dessen bewußt zu werden, was er getan hat; wenn er trotzdem noch die Zurechtweisung zurückweist, so muß man es der Gemeinde sagen; und wenn er auch auf die Gemeinde nicht hört, so muß man ihn die Trennung spüren lassen, die er selbst verursacht hat, indem er sich von der Gemeinschaft der Kirche abspaltete. All dies weist darauf hin, daß es eine Mitverantwortung auf dem Weg des christlichen Lebens gibt: Jeder ist im Bewußtsein seiner eigenen Grenzen und Mängel aufgerufen, die brüderliche Zurechtweisung anzunehmen und den anderen mit diesem besonderen Dienst beizustehen.

Eine weitere Frucht der Liebe in der Gemeinde ist das einträchtige Gebet. Jesus sagt: »Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen« (Mt 18,19–20). Das persönliche Gebet ist zweifellos wichtig, ja unverzichtbar, doch der Herr versichert jene Gemeinde seiner Gegenwart, die – auch wenn sie sehr klein ist – vereint und einer Seele ist, da sie die Wirklichkeit des dreieinigen Gottes widerspiegelt, der vollkommenen Gemeinschaft der Liebe. Origenes sagt, daß »wir uns in dieser Symphonie üben müssen« (Kommentar zum Matthäus evangelium 14, 1), das heißt in dieser Eintracht innerhalb der christlichen Gemeinde. Wir müssen uns sowohl in der brüderlichen Zurechtweisung, die große Demut und Einfachheit im Herzen erfordert, als auch im Gebet üben, damit es zu Gott von einer wahrhaft in Christus geeinten Gemeinde aufsteige. Darum bitten wir durch die Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria, Mutter der Kirche, und des hl. Gregor des Großen, Papst und Kirchenlehrer, dessen wir gestern in der Liturgie gedacht haben.


Nach dem Angelusgebet

Heute wird in Ancona mit einer heiligen Messe, der mein Legat Giovanni Battista Kardinal Re vorsteht, der XXV. Nationale Eucharistische Kongreß eröffnet. Am kommenden Sonntag werde ich, so Gott will, die Freude haben, mich zum feierlichen Abschluß dieses Kongresses nach Ancona zu begeben. Schon jetzt richte ich meinen Gruß und Segen an alle, die an diesem gnadenreichen Ereignis teilnehmen, bei dem Christus, Quell des Lebens und der Hoffnung für alle Menschen und die ganze Welt, im Allerheiligsten Sakrament gepriesen und angebetet wird.

... auf französisch: Mein herzlicher Gruß geht an die französischsprachigen Pilger, besonders die Gruppe der Töchter Mariä Hilfe der Christen (Don-Bosco-Schwestern). Ich lade euch heute ein, immer mehr mit dem Wort Gottes vertraut zu werden! Er ruft uns zur gegenseitigen Liebe auf. Und diese Liebe wird auf sehr konkrete Weise im Alltag gelebt, indem man sich etwa die Zeit für ein Gespräch mit dem anderen nimmt, ihn respektiert, ihm vergibt, gemeinsam und füreinander betet. So kann jene Brüderlichkeit entstehen und wachsen, die Jesus den Familien, Gemeinschaften und Ländern zu bringen gekommen ist. Ich empfehle diesen Wunsch der Jungfrau Maria an und segne euch von ganzem Herzen.

… auf englisch: Es freut mich, die englischsprachigen Pilger und Besucher willkommen zu heißen, die zum heutigen Angelusgebet gekommen sind. Ich grüße die Ärzte, die zur »Matercare International Conference« über die Würde der Mütter und Geburtshelfer versammelt sind, wie auch die hier anwesenden Studenten der »University of Mary«, Rome Campus. Der heutige Abschnitt aus dem Evangelium ruft uns in Erinnerung, daß Gott gegenwärtig ist, wenn sich die Kirche versammelt, um in seinem Namen zu beten. Mögen wir stets aus unseren vom Gebet erfüllten Begegnungen mit Gott in Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern Gnade und Stärke aus dem Glauben schöpfen. Gott segne euch alle!

… auf deutsch: Mit Freude grüße ich alle deutschsprachigen Besucher hier in Castel Gandolfo. Im Evangelium des heutigen Sonntags spricht der Herr von der gemeinsamen Verantwortung, die Menschen füreinander haben. Herausforderungen und Irrwege einzelner müssen zur Sorge und zum Gebetsanliegen aller werden. Jesus ruft jene, die ihm nachfolgen, in die Gemeinschaft und gibt ihnen Verantwortungssinn und den Mut zur Wahrheit. Gott will, daß wir füreinander Diener des Segens seien. Es erfüllt uns alle mit Freude, daß wir als Zeugen der Wahrheit am Heil der Welt mitwirken dürfen. Ich wünsche euch allen einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche.

… auf spanisch: Ich grüße voll Zuneigung die Pilger aus dem spanischen Sprachraum, die zu diesem Mariengebet anwesend sind. In der heutigen Liturgie läßt Jesus seine Jünger wissen, daß in der Gemeinde der Brüder vor allem Liebe sein muß. Den Bruder zu lieben bedeutet nicht nur, seine Bedürfnisse wahrzunehmen; es bedeutet ebenso, daß man es versteht, ihm ein Wort der Zurechtweisung zu sagen. Wenn ein Bruder sündigt, so hören wir nicht auf, ihn zu lieben, und laden ihn ein, auf den guten Weg zurückzukehren. Ich ermahne alle, der allerseligsten Jungfrau Maria den Vorsatz anzuempfehlen, jenes wahrhaft brüderliche Leben zu führen, zu dem der Herr uns beruft. Ich wünsche euch einen gesegneten Sonntag.

… auf polnisch: Mein Gruß geht nun an die Polen, und besonders an die Kinder und Jugendlichen, die ein neues Schul- und Katechesejahr beginnen. Dieses Jahr sei für euch alle eine Zeit, um in »Weisheit, Alter und Gefallen vor Gott und den Menschen « zu wachsen (vgl. Lk 2,52). Ich bitte um das Licht und die Kraft des Heiligen Geistes für die Erzieher, damit ihr Einsatz in den jungen Herzen reiche Frucht trage. Gott segne euch!

... auf italienisch: Schließlich begrüße ich herzlich die Pilger italienischer Sprache, besonders die große Gruppe der ACLI – Christliche Vereinigungen der Italienischen Arbeitnehmer – am Schluß der Studientagung zum Thema Arbeit dreißig Jahre nach der Enzyklika Laborem exercens des sel. Johannes Paul II. Liebe Freunde, ich freue mich über eure Aufmerksamkeit gegenüber diesem Dokument, das gleichsam einer der Meilensteine der Soziallehre der Kirche bleibt. Des weiteren grüße ich die Gruppe der neuen Seminaristen des Internationalen Päpstlichen Kollegs »Maria Mater Ecclesiae «, die Vereinigung »Collegium Liberianum«, die in der Basilika »Santa Maria Maggiore« im Dienst der liturgischen Feiern wirkt, wie auch die Gläubigen aus Abbazia im Bistum Bergamo. Allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag, eine gute Woche. Ich danke euch allen.

 

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