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APOSTOLISCHE REISE NACH PORTUGAL
ANLÄSSLICH DES 10. JAHRESTAGES DER SELIGSPRECHUNG DER

HIRTENKINDER VON FATIMA, JACINTA UND FRANCISCO
(11.-14. MAI 2010)

EUCHARISTIEFEIER

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

Terreiro do Paço, Lissabon
Dienstag, 11. Mai 2010

  (Video)

    

Liebe Brüder und Schwestern!
Liebe junge Freunde!

„Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; […] und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,19.20). Diese Worte des auferstandenen Christus haben hier in der Stadt Lissabon eine besondere Bedeutung, von wo in großer Zahl Generationen und Generationen von Christen – Bischöfe, Priester, Gottgeweihte und Laien, Männer und Frauen, junge und weniger junge Menschen – aufgebrochen sind und dem Ruf des Herrn folgten. Sie waren bloß mit dieser Gewißheit ausgestattet, die er ihnen hinterlassen hat: „Ich bin bei euch alle Tage“. Portugal hat sich durch seinen Dienst für die Verbreitung des Glaubens einen Ruhmesplatz inmitten der Nationen erworben: In den fünf Erdteilen gibt es Ortskirchen, die von der portugiesischen Missionstätigkeit herrühren.

In der Vergangenheit hat euer Aufbruch auf der Suche nach anderen Völkern die Bande mit dem, was ihr gewesen seid und geglaubt habt, weder behindert noch zerstört. Im Gegenteil, in christlicher Weisheit ist es euch gelungen, Erfahrungen und Eigentümlichkeiten zu verpflanzen und euch zugleich – in scheinbarer Schwäche, die Stärke bedeutet – dem Beitrag der anderen zu öffnen, um ihr selbst zu sein. Heute nehmt ihr am Aufbau der Europäischen Gemeinschaft teil, und dazu tragt ihr mit eurer kulturellen und religiösen Identität bei. So wie Jesus Christus sich den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus beigesellt hat, geht er heute mit uns gemäß seiner Verheißung: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“. Wenngleich anders als bei den Aposteln, machen auch wir eine echte und persönliche Erfahrung des auferstandenen Herrn. Die Distanz der Jahrhunderte wird überwunden, und der Auferstandene lebt und wirkt durch uns im Heute der Kirche und der Welt. Dies ist unsere große Freude. Im lebendigen Strom der Tradition der Kirche ist Christus nicht zweitausend Jahre von uns entfernt, sondern wirklich unter uns gegenwärtig und schenkt uns die Wahrheit, schenkt uns das Licht, das uns leben und den Weg in die Zukunft finden läßt. Gegenwärtig in seinem Wort, zugegen bei der Versammlung des Volkes Gottes mit seinen Hirten, und in herausragender Weise gegenwärtig im Sakrament seines Leibes und Blutes ist Jesus hier bei uns.

Ich grüße den Herrn Kardinal und Patriarchen von Lissabon, dem ich für die freundlichen Worte danke, die er zu Beginn dieser Feier an mich gerichtet hat im Namen seiner Gemeinde, die mich empfängt und die ich mit ihren fast zwei Millionen Söhnen und Töchtern im Geiste umarme; an alle, die ihr hier zugegen seid – liebe Mitbrüder im bischöflichen und priesterlichen Dienst, liebe Ordensleute und engagierte Laien, liebe Familien und Jugendliche, Getaufte und Katechumenen – richte ich meinen brüderlichen und freundschaftlichen Gruß, in den ich alle einschließe, die über Radio und Fernsehen mit uns verbunden sind. Herzlich danke ich dem Herrn Präsidenten der Republik für seine Anwesenheit und den anderen Vertretern des öffentlichen Lebens, besonders dem Bürgermeister von Lissabon, der mir freundlicherweise die Schlüssel der Stadt überreicht hat.

Liebes Lissabon, Hafen und Hort vieler Hoffnungen, die dir die Aufbrechenden anvertrauten und die deine Besucher ersehnten, gerne möchte ich heute von diesen Schlüsseln Gebrauch machen, die du mir übergeben hast, damit du deine menschlichen Hoffnungen auf der göttlichen Hoffnung gründen kannst. In der Lesung aus dem Ersten Petrusbrief, die soeben verkündet wurde, haben wir gehört: „Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde.“ Und der Apostel erklärt: Kommt zum Herrn, „dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist“ (1 Petr 2,6.4). Brüder und Schwestern, wer an Jesus glaubt, „geht nicht zugrunde“: Dies ist Gottes Wort, das sich nicht irrt noch uns trügen kann – Wort, das bestätigt wird durch „eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen“, und die der Verfasser der Offenbarung „in weißen Gewändern“ schaut, wie sie „Palmzweige in den Händen trugen“ (vgl. Offb 7,9). Unter dieser unzählbaren Schar sind nicht nur die Heiligen Verissimus, Maxima und Julia, die hier während der diokletianischen Verfolgung das Martyrium erlitten haben, oder der heilige Diakon und Märtyrer Vinzenz, der Hauptpatron des Patriarchats; der heilige Antonius und der heilige Johannes de Brito, die von hier ausgezogen sind, um den guten Samen Gottes in anderen Ländern und bei anderen Völkern auszusäen, oder der heilige Nuno de Santa Maria, den ich vor knapp über einem Jahr in das Buch der Heiligen einschreiben konnte. Diese Schar wird aber auch von den „Knechten unseres Gottes“ aller Zeiten und Orte gebildet, auf deren Stirn das Zeichen des Kreuzes mit dem „Siegel des lebendigen Gottes“ (Offb 7,2.3) gedrückt wurde: mit dem Heiligen Geist. Es handelt sich um den Ritus, der zu Beginn der Spendung des Taufsakraments – durch das die Kirche die „Heiligen“ zur Welt bringt – an jedem von uns vollzogen wurde.

Wie wir wissen, gibt es in der Kirche auch unwillige und sogar aufbegehrende Kinder, aber in den Heiligen erkennt sie ihre eigenen charakteristischen Züge und kostet gerade in ihnen ihre größte Freude aus. Sie alle verbindet der Wille, das Evangelium im eigenen Leben Fleisch werden zu lassen unter dem Ansporn des Heiligen Geistes, der Gottes Volk beständig belebt. Mit Blick auf die eigenen Heiligen ist diese Ortskirche zurecht zu dem Schluß gekommen, daß heute die pastorale Priorität darin besteht, alle christlichen Frauen und Männer zu einer leuchtenden Vergegenwärtigung der Ideale des Evangeliums inmitten der Welt, in der Familie, im Bereich der Kultur, Wirtschaft und Politik werden zu lassen. Oft sorgen wir uns mühevoll um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen des Glaubens und nehmen dabei als selbstverständlich an, daß dieser Glauben auch vorhanden ist, was leider immer weniger der Wirklichkeit entspricht. Man hat ein vielleicht zu großes Vertrauen in die kirchlichen Strukturen und Programme gelegt, in die Verteilung der Macht und der Aufgaben; aber was wird geschehen, wenn das Salz schal wird?

Damit das nicht geschieht, muß das Ereignis des Todes und der Auferstehung Christi – das Herz des Christentums, der Kern und Halt unseres Glaubens, der starke Antrieb unserer Gewißheit, der heftige Wind, der alle Angst und Unentschlossenheit, jeden Zweifel und jedes menschliche Kalkül hinwegfegt – von neuem kraftvoll und freudig verkündet werden. Die Auferstehung Christi versichert uns, daß keine gegnerische Macht je die Kirche zerstören können wird. Unser Glaube hat also ein Fundament, doch es ist nötig, daß dieser Glauben in einem jeden von uns Leben annimmt. Eine große Anstrengung ist daher zu unternehmen, damit sich jeder Christ in einen Zeugen verwandelt, der fähig ist, allen und immer Rechenschaft zu geben von der Hoffnung, die ihn erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15): Nur Christus kann die tiefen Wünsche jedes menschlichen Herzens voll erfüllen und auf die Fragen über das Leid, die Ungerechtigkeit und das Böse, über den Tod und das Leben im Jenseits, die es am meisten beunruhigen, Antwort geben.

Liebe Brüder und Schwestern, liebe junge Freunde, Christus ist immer bei uns und geht mit seiner Kirche, er begleitet und schützt sie, wie er uns gesagt hat: „Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Zweifelt nie an seiner Gegenwart! Sucht immer den Herrn Jesus, wachset in der Freundschaft mit ihm, empfangt ihn in der Kommunion! Lernt, auf sein Wort zu hören und ihn auch in den Armen zu erkennen! Lebt mit Freude und Begeisterung euer Leben und seid der Gegenwart Jesu gewiß wie seiner unentgeltlichen, großherzigen Freundschaft, treu bis zum Tod am Kreuz. Gebt allen, angefangen bei euren Altersgenossen, Zeugnis von der Freude über diese starke und angenehme Gegenwart! Sagt ihnen, daß es schön ist, ein Freund Jesu zu sein, und es sich lohnt, ihm zu folgen! Zeigt mit eurer Begeisterung, daß man unter den vielen Möglichkeiten zu leben, die uns die Welt heute zu bieten scheint – und die alle scheinbar auf der gleichen Stufe stehen –, einzig in der Nachfolge Jesu den wahren Sinn des Lebens und folglich die wahre und bleibende Freude findet.

Sucht jeden Tag den Schutz Marias, der Mutter des Herrn Jesus Christus und des Spiegels aller Heiligkeit! Sie, die ganz heilige, wird euch helfen, treue Jünger ihres Sohnes Jesus Christus zu sein.

 

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