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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER DER REPUBLIK
PARAGUAY
BEIM HL. STUHL,
GERÓNIMO NARVÁEZ TORRES*

Freitag, 26. August 2005

 

Herr Botschafter!

1. Gern heiße ich Sie bei diesem feierlichen Anlaß willkommen, bei dem Sie mir das Beglaubigungsschreiben als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Paraguay beim Heiligen Stuhl überreichen.

Ich danke Ihnen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben, sowie für den freundlichen Gruß des Herrn Präsidenten der Republik, Dr. Nicanor Duarte Frutos, den Sie mir überbracht haben. Zugleich bitte ich Sie, ihm meine besten Wünsche für Frieden und persönliches Wohlergehen sowie meine Wünsche für das Gedeihen und die Entwicklung der geliebten paraguayischen Nation zu übermitteln.

Außerdem bitte ich Sie, ihm meinen aufrichtigen Dank zukommen zu lassen für die Geste tiefempfundener Hochachtung und Nähe, die er meinem verehrten Vorgänger erwiesen hat, als er hochrangige Repräsentanten staatlicher Institutionen zu dessen Begräbnisfeierlichkeiten entsandte, und auch mir gegenüber durch seine Anwesenheit als Staatschef bei dem Gottesdienst, mit dem mein Pontifikat als Nachfolger Petri seinen feierlichen Anfang nahm.

2. Wenige Jahre nach der Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit und der Entstehung Paraguays als souveräne Nation erhält das Land heute – wie Sie soeben in Ihren Worten betont haben – die große Chance, im Dialog und im friedlichen Zusammenleben zwischen allen Bürgern und mit den anderen Ländern voranzukommen, um jede Form von Konflikt und Spannung zu überwinden. Könnte es denn einen besseren Zeitpunkt dafür geben als den jetzigen, nachdem man mit der Wiederherstellung der obersten Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsbehörden des Staates – wie es bei den letzten allgemeinen Wahlen geschehen ist – die Grundlagen geschaffen hat, die auf eine größere institutionelle Stabilität hoffen lassen?

Darum ermutige ich Sie zur Ausübung einer echten Demokratie, das heißt jener Demokratie, die durch Mitwirkung des Volkes die Regierung einer Nation durchführt, wenn sie sich an den höchsten und unvergänglichen Werten inspiriert und es möglich macht, daß das kulturelle Erbe der Menschen und die fortschrittliche Entwicklung der Gesellschaft den Anforderungen der Menschenwürde entspricht. Diesbezüglich gilt es noch einmal zu bekräftigen, daß der Friede »das erste und höchste Gut einer Gesellschaft ist; er setzt die Gerechtigkeit, die Freiheit, die Ordnung voraus und macht jedes andere Gut des menschlichen Lebens möglich« (Paul VI., Weihnachtsbotschaft, 25. Dezember 1965).

In diesem Sinne verwies Johannes Paul II. in der Enzyklika Centesimus annus darauf, daß »eine Demokratie ohne Werte sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder hinterhältigen Totalitarismus verwandelt« (Nr. 46), denn ohne eine letzte Wahrheit, die das politische Handeln leitet und ihm Orientierung gibt, »können die Ideen und Überzeugungen leicht für Machtzwecke mißbraucht werden« (ebd.).

3. Wie ich in der Ansprache an das Diplomatische Korps am 12. Mai darlegte, verkündet und verteidigt die Kirche unaufhörlich die menschlichen Grundrechte, die leider in verschiedenen Teilen der Welt noch immer verletzt werden, und setzt sich dafür ein, daß die Rechte jedes Menschen auf Leben von der Empfängnis an, auf Nahrung, auf Wohnung, auf Arbeit, auf medizinische Betreuung, auf Schutz der Familie und auf Förderung der sozialen Entwicklung anerkannt werden – unter voller Achtung der Würde jedes Mannes und jeder Frau, da sie nach dem Abbild Gottes geschaffen sind.

Die Regierenden, die den Auftrag erhalten haben, eben diese Rechte zu schützen und zu verbreiten, dürfen in ihrem Bemühen um deren Umsetzung nicht nachlassen, mögen die Schwierigkeiten auch noch so groß sein. Das verlangt jedes Mitglied ihrer Nation.

4. Durch meine Brüder im Bischofsamt ist sich die Kirche in Paraguay der Anforderung bewußt, treu auf den Ruf Christi zu antworten, damit alle in einem Klima der Hoffnung und des Friedens die Erfahrung der Liebe Gottes als Merkmal jeder gläubigen Gemeinde erleben können.

Zu diesem Zweck wird eine nationale Befragung zum Thema: »Sprich, Herr, denn deine Kirche hört« mit der Absicht durchgeführt, einige allgemeine Richtlinien für die Pastoraltätigkeit festzulegen sowie bewußt zu machen, daß der Aufbau des Vaterlandes eine Pflicht jedes Bürgers ist. Alle sollen sich eingebunden fühlen in dieses wunderbare Vorhaben der Umgestaltung und des Aufbaus ihres Landes zu einem Volk von Brüdern.

Ohne zu versuchen, sich in irgendeiner Weise in die Politik der Staaten einzumischen, geht es der Kirche mit ihrer Erkenntnis über den Menschen daher »nur um dies eine: unter Führung des Geistes, des Trösters, das Werk Christi selbst weiterzuführen, der in die Welt kam, um von der Wahrheit Zeugnis zu geben; zu retten, nicht zu richten; zu dienen, nicht sich bedienen zu lassen« (Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 3).

5. Lassen Sie mich zum Abschluß dieser willkommenen Begegnung Ihnen, Herr Botschafter, gratulieren und Ihnen meine besten Wünsche ausdrücken, auf daß Ihr Aufenthalt in Rom sich angenehm gestalten möge und Ihre diplomatische Mission reiche Früchte gegenseitigen Verständnisses und enger Zusammenarbeit bringe und so die zwischen Ihrem Land und dem Heiligen Stuhl bereits bestehenden Beziehungen eine weitere Intensivierung erfahren.

Mit diesen Wünschen, die ich auf Ihre verehrte Familie und Ihre Mitarbeiter ausweite, bitte ich Sie, der Regierung von Paraguay, besonders Ihrem Präsidenten, meine herzlichen Grüße zu übermitteln und sich zum Sprecher meiner Nähe und Liebe zum paraguayischen Volk zu machen, für das ich den mütterlichen Schutz Unserer Lieben Frau von Caacupé erflehe, während ich auf alle den reichen Segen Gottes herabrufe.


*L'Osservatore Romano n. 38 p. 8.

 

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