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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN CHAIYONG SATJIPANON,
NEUER BOTSCHAFTER DES KÖNIGREICHS THAILAND
BEIM HL. STUHL*

Donnerstag, 13. Dezember 2007

 

Exzellenz!

Mit großer Freude heiße ich Sie im Vatikan willkommen, um das Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter des Königreichs Thailand beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Die freundlichen Grüße, die Sie mir von Seiner Majestät König Bhumibol Adulyadej überbracht haben, weiß ich sehr zu schätzen. Ich erwidere sie herzlich und bitte Sie, die Versicherung meiner tiefen Wertschätzung für die Königliche Familie und meines Gebets für das Wohlergehen der Bürger Ihrer edlen Nation zu übermitteln. Die festen Bande der Achtung und Freundschaft zwischen Thailand und dem Heiligen Stuhl, die sich einer über 400 Jahre währenden eindrucksvollen Geschichte erfreuen, sind auch heute noch eine Quelle besonderer Kraft, von der beide Seiten in ihrem Dienst an der Menschheitsfamilie zehren.

Zum freudigen Anlaß des sechzigsten Jahrestages der Thronbesteigung Seiner Majestät als König von Thailand konnte ich mich zu meiner großen Genugtuung den Bürgern Ihres Landes in der Anerkennung der vielen Würdigungen anschließen, die Seine Majestät während dieser letzten sechs Jahrzehnte empfangen hat. Ich habe auch die Gelegenheit wahrgenommen, meine Anerkennung für den liebevollen Dienst zum Ausdruck zu bringen, den der König durch seine eifrige Sorge für die Förderung der Einheit, der religiösen Toleranz und des Mitgefühls für die Armen geleistet hat. Die Königliche Familie und der Heilige Stuhl teilen in der Tat seit Jahrhunderten das Interesse und die Sorge für die Menschheitsfamilie, und dabei besonders für die Schutzlosesten in ihr. Der freudige Besuch von Prinzessin Maha Chakri Sirindhorn zu Weihnachten in der Apostolischen Nuntiatur, der kulturelle Aktivitäten und Dienst an den Armen einschloß, erwärmte nicht nur die Herzen aller Anwesenden, sondern war eine neuerliche Bekundung unserer gemeinsamen Verpflichtung gegenüber ausgegrenzten und nicht vom Glück begünstigten Menschen.

Der moralische Gesichtspunkt echter Entwicklung ist von grundlegender Bedeutung für den gesamten Fortschritt (vgl. Johannes Paul II. Enzyklika Sollicitudo rei socialis, 9). Das Recht auf sinnvolle Arbeit und einen annehmbaren Lebensstandard, die Zusicherung einer gerechten Verteilung der Güter und des Wohlstandes sowie die verantwortungsvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen hängen allesamt von einem Entwicklungskonzept ab, das nicht bloß auf die Befriedigung materieller Bedürfnisse beschränkt ist. Statt dessen muß ein solches Konzept auch die Würde der menschlichen Person – des eigentlichen Subjekts allen Fortschritts – herausstellen und dadurch das gemeinsame Wohl aller, einschließlich der Minderheiten, verbessern. Obwohl ein solches Ziel gewiß die Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft erfordert, stimmt es auch, daß durch Initiativen auf regionaler und lokaler Ebene viel erreicht werden kann. Die von Ihrem Land unternommenen Anstrengungen zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den ASEAN-Mitgliedsstaaten bestätigen den tiefen Wert gemeinsamer Solidarität. Die wirtschaftliche und soziale Zusammenarbeit hat in der Tat ganz wesentlich dazu beigetragen, die historischen Spaltungen und Feindseligkeiten in der Region zu überwinden. Sie haben auch zur Verringerung der im Süden Ihres Landes gelegentlich ausbrechenden lokalen Unruhen beigetragen.

Wie Sie, Exzellenz, freundlicherweise bemerkten, dient die Kirche in Thailand durch ihr umfangreiches Erziehungs- und Sozialapostolat in beträchtlichem Maße der Nation. Was das Erziehungsangebot betrifft, dürfen wir daran erinnern, daß überall dort, wo Schulen und Bildungseinrichtungen fachkundig arbeiten und mit Personen ausgestattet sind, die persönliche Redlichkeit und Lernbegeisterung auszeichnet, einem Land und ganz besonders seiner Jugend eine hoffnungsvolle Zukunft geboten wird. Erziehung ist ein hochwirksames Mittel, um den Kreislauf der Armut, die noch immer so viele Familien heute heimsucht, zu durchbrechen, und wird von der internationalen Gemeinschaft zunehmend als ein unerläßlicher Bestandteil des Weges zum Frieden anerkannt. Durch das Lernen und die durch die Schulbildung erworbene Sozialisierung werden Schüler aus allen Schichten der Gesellschaft in das bürgerliche Leben einer Nation integriert und können die Befriedigung erleben, dazu ihren Beitrag zu leisten.

Die katholische Kirche versucht in ihrem Dienst an der Menschheitsfamilie alle Glieder der thailändischen Gesellschaft ohne Unterschied zu erreichen. Ihre karitative Sendung, besonders für die Armen und Leidenden, bezeugt »die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe« (Deus caritas est, 16). Ihre besondere Sorge gilt der Geißel von Aids, sowie der Prostitution und dem Frauen- und Kinderhandel, die die Länder der Region nach wie vor heimsuchen. Zweifellos ist die Armut ein Hauptfaktor, der diesem Phänomen zugrunde liegt und mit dem sich die Kirche unablässig befaßt.

Es muß auch eingeräumt werden, daß der Verfall der sittlichen Werte, der durch die Trivialisierung der Sexualität in den Medien und in der Unterhaltungsindustrie angeschürt wird, zur Entwürdigung von Frauen und sogar zum Mißbrauch von Kindern führt. Die Vielschichtigkeit dieser unsäglichen menschlichen Ausbeutung erfordert ein gemeinsames internationales Vorgehen. Ich stelle fest, daß sich zu diesem Zweck Thailand zunehmend für verschiedene internationale Abkommen und vorläufige Vereinbarungen einsetzt, die dazu bestimmt sind, sexuelle Ausbeutung und Frauenhandel zu bekämpfen. Diese internationale Zusammenarbeit, die einhergeht mit einer innenpolitischen Entschlossenheit, der Korruption und der Straffreiheit entgegenzutreten, die derartige Verbrechen erleichtern, wird schließlich zu einem Wendepunkt der Hoffnung und Würde für alle Betroffenen führen. Ich kann Sie bei diesen Bemühungen der größten moralischen Unterstützung und praktischen Hilfe seitens der Kirche versichern.

Im vergangenen Jahr hat Thailand bedeutsame Schritte in Richtung einer Wiederbelebung seiner demokratischen Institutionen unternommen. Ich schließe mich den Menschen Ihres Landes an, die sich auf eine volle Wiederherstellung der Strukturen und Vorgehensweisen freuen, welche dazu beitragen werden, soziale Spannungen abzubauen und die politischen Rechte der Minderheiten zu respektieren. Ich nutze diese Gelegenheit, zu einem fairen und gerechten Wahlkampfverfahren während der nächsten Wochen zu ermutigen, das die Teilnahme aller begünstigt und die Stimme des Volkes anerkennt. Herr Botschafter, ich vertraue darauf, daß die Mission, die Sie heute antreten, dazu beitragen wird, die Bande der Verständigung zwischen Thailand und dem Heiligen Stuhl noch weiter zu festigen. Ich versichere Ihnen angesichts der Übernahme Ihrer neuen Verantwortlichkeiten, daß die verschiedenen Ämter der Römischen Kurie bereit sind, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Aufgaben beizustehen.

Auf Sie persönlich und auf Ihre Mitbürger rufe ich die Fülle des göttlichen Segens herab.


*L'Osservatore Romano 2008 n. 4 p. 8.

 

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