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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN DANZANNOROV BOLDBAATAR,
NEUER BOTSCHAFTER DER MONGOLEI BEIM HL. STUHL*

Freitag, 29. Mai 2009

 

Exzellenz!

Anläßlich der Übergabe des Beglaubigungsschreibens, durch das Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Mongolei beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden, freue ich mich, Sie herzlich willkommen zu heißen. Ich danke Ihnen für den freundlichen Gruß von seiten Ihres Staatspräsidenten, Herrn Nambaryn Enkhbayar, und erwidere ihn mit meinen besten Wünschen für seine Gesundheit und sein Wohlergehen. Ihn und alle Bürger der Mongolei versichere ich meines Gebets in ihrem Bemühen, den Frieden und die soziale Eintracht im In- und Ausland weiter zu fördern.
Ich bin dankbar, Herr Botschafter, daß der Geist der Zusammenarbeit, der die diplomatischen Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl auszeichnet, viele Früchte getragen hat. Durch die ausdrückliche und gegenseitige Anerkennung des Vorteils, der aus diplomatischen Beziehungen entsteht, wurde der Weg für die Errichtung der Apostolischen Präfektur von Ulaanbaatar geebnet. Das ermöglichte eine bessere Koordinierung der Seelsorge für die Katholiken in der Mongolei und gab ihrer karitativen Arbeit zum Wohl aller Ihrer Mitbürger neuen Auftrieb. Ein besonderes Zeichen für diese fruchtbare Zusammenarbeit war die Weihe der Kathedrale der hll. Petrus und Paulus im Juli 2002, die aus dem feierlichen Anlaß des 10. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Mongolei und dem Heiligen Stuhl stattfand. Ich möchte persönlich meinen tiefen Dank zum Ausdruck bringen für alles, was Ihre Regierung und die örtlichen zivilen Obrigkeiten getan haben, um dieses historische Ereignis möglich zu machen. Es hat nicht nur dazu beigetragen, ein Bewußtsein der Einheit zwischen den katholischen Gläubigen in Ihrem Land und ihren Glaubensbrüdern in der ganzen Welt zu schaffen, sondern es war auch ein deutliches Zeugnis für die Achtung der Religionsfreiheit in der Mongolei, die eine lange Geschichte hat. Dank dieses grundlegenden Menschenrechts, das in der Verfassung der Mongolei verankert ist und das ihre Bürger als förderlich für die volle Entwicklung der menschlichen Person anerkennen, können sie nach der Wahrheit suchen, Dialoge führen und frei von äußeren Zwängen ihrer gottesdienstlichen Pflicht nachkommen.

Die Möglichkeit, daß Angehörige unterschiedlicher Religionen miteinander sprechen und einander zuhören, spielt eine wesentliche Rolle bei der Festigung der Menschheitsfamilie. Sie haben die mutige Initiative Dschingis Khans erwähnt, der im 13. Jahrhundert Muslime, Christen, Buddhisten und Daoisten einlud, zusammen in der mongolischen Steppe zu leben. Diese Geste findet immer noch Ausdruck in der Offenheit des mongolischen Volkes, das religiöse Bräuche, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, zu schätzen weiß und auch fremden Traditionen große Achtung entgegenbringt. Diese tiefe Religiosität wurde besonders deutlich, als die Mongolei aus der jahrelangen Unterdrückung durch ein totalitäres Regime herauskam. Heute, in einer Zeit größeren Friedens und größerer Stabilität, ermutige ich aufrichtig zur Schaffung von Foren, die den freundschaftlichen Gedankenaustausch über die Religion und ihren Beitrag zum Wohl der Zivilgesellschaft erleichtern. Völker, die religiöse Toleranz praktizieren, sind verpflichtet, die Weisheit dieses Grundsatzes mit der gesamten Menschheitsfamilie zu teilen, damit alle Männer und Frauen die Schönheit friedlicher Koexistenz erfahren und den Mut haben, eine Gesellschaft aufzubauen, die die Menschenwürde achtet und nach dem göttlichen Gebot der Nächstenliebe handelt (vgl. Mk 12,32).

Exzellenz, dieser Geist brüderlicher Zusammenarbeit wird der Mongolei dienlich sein in ihrem Streben, die Entwicklungsziele der kommenden Jahre zu erreichen. Wie Sie angemerkt haben, steht unter ihnen die Verringerung von Armut und Arbeitslosigkeit an erster Stelle. Diese Ziele sind Teil des Gesamtwirtschaftswachstums und der gerechten Güterverteilung, die Ihr Land für die Zukunft langfristig anstrebt. Die Werte der Fairneß und des Vertrauens in die Marktwirtschaft, die das mongolische Volk vertritt, liefern eine sichere Grundlage, um diese Ziele zu erreichen. Die Kriterien zur Aufstellung von Plänen zu diesem Zweck müssen sowohl die soziale als auch die ausgleichende Gerechtigkeit in Betracht ziehen (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 303); sie müssen den objektiven Wert der geleisteten Arbeit berücksichtigen, die Würde der Subjekte, die sie ausführen, die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bürger und den Verdienst, der der Art der Arbeit rechtmäßig entspricht (vgl. Centesimus annus, 35).
Die Mongolei ist ein Land, das anerkennt, daß das menschliche Wohlergehen nicht nur am Reichtum bemessen werden kann. Erziehung und Bildung – für die literarische und künstlerische Leistungen verläßliche Indikatoren sind – ist auch ein wesentliches Merkmal für eine gedeihende Gesellschaft. Ich weiß es zu schätzen, daß Ihr Land die Notwendigkeit hervorhebt, dem ganzen Volk bessere Bildungschancen zu geben. Die Unterrichtssysteme dürfen natürlich die technische Ausbildung nicht vernachlässigen: Sie versetzt die Studenten in die Lage, in dieser Zeit rascher Globalisierung und technischen Fortschritts einen einträglichen Arbeitsplatz zu bekommen und zu behalten. Gleichzeitig berücksichtigt eine ganzheitliche Erziehung und Bildung den ganzen Menschen und nicht nur seine Produktionsfähigkeit. Insbesondere die jungen Menschen verdienen eine umfassende intellektuelle und geistliche Ausbildung, die ihnen die Augen öffnet für die Würde jeder menschlichen Person und sie anspornt, die Tugenden zu pflegen, die notwendig sind, um sich in den Dienst der ganzen Menschheit zu stellen. Ich ermutige daher die Initiative Ihrer Regierung, den Zugang zu Erziehung und Bildung zu erweitern und diese zu untermauern durch einen klaren Blick auf das, was für den Menschen wirklich gut ist.

Ihrerseits ist die katholische Gemeinde, obwohl sie in der Mongolei noch klein ist, eifrig darauf bedacht, dazu beizutragen, den interreligiösen Dialog und die Entwicklung zu fördern, die Bildungschancen zu erweitern und die edlen Ziele voranzubringen, die die Solidarität der Menschheitsfamilie stärken und ihren Blick auf das Wirken des Göttlichen in der Welt richten. Die katholische Kirche erkennt die rechtmäßige Autonomie der politischen Gemeinschaft an und sieht sich gleichzeitig veranlaßt, mit der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, in einer Form, die den zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten, in denen beide gemeinsam leben, entspricht.

Daher danke ich Ihnen, Herr Botschafter, für die freundliche Zusicherung des Wunsches der Mongolei, auf den Ergebnissen aufzubauen, die aus den diplomatischen Beziehungen zwischen Ihrer Nation und dem Heiligen Stuhl hervorgegangen sind. Während Sie Ihre Mission aufnehmen, versichere ich Ihnen, daß die verschiedenen Dikasterien der Römischen Kurie bereit sind, Ihnen bei der Erfüllung Ihrer Pflichten zur Seite zu stehen, und rufe den überreichen Segen Gottes, des Allmächtigen, auf Sie, Ihre Familienangehörigen und alle Bürger der Mongolei herab.


*L'Osservatore Romano n. 25 p. 10.

 

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