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ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI.
AN DIE TEILNEHMER AN DER 81.GENERALVERSAMMLUNGDER POLIZEIORGANISATION INTERPOL

Aula Paolo VI
Freitag, 9. November 2012

   

Sehr geehrte Obrigkeiten,
meine Damen und Herren,

ich freue mich, Sie zum Abschluß der Generalversammlung von Interpol begrüßen zu dürfen, die Vertreter von Polizeikräften und Sicherheitsdiensten mit Delegierten aus der Politik und den Institutionen ihrer 190 Mitgliedstaaten, denen seit 2008 auch der Vatikanstaat angehört, hier in Rom zusammengeführt hat. Ich begrüße alle Anwesenden und möchte durch Sie auch die führenden Persönlichkeiten Ihrer Staaten und ihre Bürger herzlich begrüßen, für deren Sicherheit Sie professionell und pflichtbewußt arbeiten.

Mein besonderer Gruß geht auch an die Minister und Regierungsmitglieder sowie an die italienische Innenministerin, die soeben das Wort ergriffen hat, ebenso wie an die Präsidentin von Interpol und dessen Generalsekretär, dem ich für seine eben an uns gerichtete Ansprache danke. In diesen von Studium und Beratungen geprägten Tagen haben Sie Ihre Aufmerksamkeit vor allem auf den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen die Kriminalität gerichtet. In einer Zeit, in der wir auf weltweiter Ebene seitens transnationaler Gruppierungen, die den Fortschritt der Menschlichkeit bremsen, eine Ausweitung der Quellen der Gewalt beobachten, ist es wichtig, die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch zu verstärken. Nicht weniger wichtig ist die Tatsache, daß die Pflicht, hierüber nachzudenken, die Politiker zusammenführt, die im selben Maße wie die juristischen Institutionen und die Ordnungskräfte für die Sicherheit und die Gerechtigkeit verantwortlich sind, so daß jeder in seinem jeweiligen Aufgabenbereich einen wirkungsvollen Beitrag im Dienste eines konstruktiven Austausches leisten kann. In der Tat können die politischen Amtsträger mit Unterstützung der Institutionen, die sich für Recht und Ordnung einsetzen, leichter die zunehmenden Bedrohungen für die Gesellschaft identifizieren und werden folglich dazu in der Lage sein, angemessene gesetzliche und operative Weisungen zu erteilen, um die Kriminalität zu bekämpfen. In unserer Zeit leidet die Menschheitsfamilie unter den zahlreichen Verstößen, die gegen die Gerechtigkeit und gegen das Gesetz begangen werden und die in nicht wenigen Fällen in Gewaltausbrüche und kriminelle Handlungen ausarten. Es ist deshalb erforderlich, sowohl die einzelnen als auch die Gemeinschaften mit unablässiger und stets neuer Entschlossenheit sowie mit angemessenen Mitteln zu schützen. In dieser Hinsicht spielt Interpol, das wir als eine Schutzbastion der internationalen Sicherheit definieren könnten, eine bedeutsame Rolle hinsichtlich der Verwirklichung des Gemeinwohls, da eine gerechte Gesellschaft der Ordnung und der Respektierung des Gesetzes bedarf, um ein friedliches, ruhiges Zusammenleben in der Gesellschaft zu gewährleisten. Ich weiß, daß einige unter Ihnen mitunter Ihre Arbeit unter äußerst schwierigen Bedingungen leisten, und daß Sie Ihr Leben riskieren, um das Leben anderer zu schützen und die Errichtung einer friedlichen Gesellschaft zu ermöglichen.

...auf französisch:Wir sind uns dessen bewußt, daß die Gewalt heutzutage neue Formen annimmt. Am Ende des »Kalten Krieges« zwischen den beiden Machtblöcken von West und Ost gab es große Hoffnungen, besonders da, wo eine Form institutionalisierter politischer Gewalt durch Friedensbewegungen beendet wurde, die Freiheit für die Völker forderten. Doch obwohl manche Formen der Gewalt – vor allem die Zahl militärischer Auseinandersetzungen – abgenommen haben zu scheinen, nehmen andere Formen zu, wie beispielsweise die kriminelle Gewalt, die Jahr für Jahr für die Mehrzahl der gewaltsamen Todesfälle auf aller Welt verantwortlich ist. Heutzutage ist dieses Phänomen so gefährlich, daß es einen ernsthaften Faktor der Destabilisierung für die Gesellschaft darstellt und mitunter die größte Herausforderung an die Hoheit des Staates darstellt. Die Kirche und der Heilige Stuhl ermutigen alle, die sich dafür einsetzen, diese Plagen der Gewalt und des Verbrechens in unserer Umgebung zu bekämpfen, die immer mehr einem »globalen Dorf« ähnelt. Die schlimmsten Formen der Kriminalität sind im Terrorismus und im organisierten Verbrechen zu sehen. Der Terrorismus, eine der brutalsten Formen der Gewaltanwendung, sät Haß, Tod und Rachsucht. Dieses Phänomen hat sich von einer subversiven Strategie einiger extremistischer Organisationen, deren Ziel Tod und Zerstörung ist, in ein dunkles Netzwerk politischer Verstrickungen verwandelt, das über ausgeklügelte Technologien und beträchtliche finanzielle Mittel verfügt und großangelegte Projekte verfolgt (vgl.Kompendium der Soziallehre der Kirche, 513). Das organisierte Verbrechen seinerseits greift an ganz alltäglichen Orten um sich und schlägt unerwartet zu, jenseits aller Regeln; es wirkt durch zahllose illegitime und unmoralische Aktivitäten wie etwa den Menschenhandel – eine moderne Form der Sklaverei –, den Handel von Materialien und Substanzen wie etwa Drogen, Waffen, gefälschten Waren, ja selbst durch den Handel von gesundheitsschädlichen Arzneimitteln, die großteils von den Armen erworben werden, die dann aber zu Tode kommen, anstatt geheilt zu werden. Dieser Schwarzmarkt wird dann noch abscheulicher, wenn er den Handel mit den Organen unschuldiger Opfer betrifft: sie werden physischen und moralischen Demütigungen unterworfen, von denen wir gehofft hatten, daß sie mit den Tragödien des 20. Jahrhunderts  vorbei gewesen wären, die aber unseligerweise durch die Gewalt, die die Verbrechen skrupelloser Menschen und Organisationen hervorgebracht hat, wieder an die Oberfläche gekommen sind. Diese Verbrechen übertreten die moralischen Barrieren, die die Zivilisation nach und nach errichtet hat, und leisten einer neuen Form der Barbarei Vorschub, die den Menschen und seine Würde verleugnen.

...auf spanisch:Liebe Freunde, die heutige Begegnung mit Ihnen, die Sie im Bereich der internationalen Verbrechensbekämpfung tätig sind, gibt mir Gelegenheit, aufs neue zu bekräftigen, daß die Gewaltanwendung, in ihren verschiedenen terroristischen und kriminellen Ausprägungen, nie akzeptabel sein kann, da sie die Menschenwürde zutiefst verletzt und ein Verbrechen gegen die gesamte Menschheit ist. Es ist deshalb notwendig, kriminelle Aktivitäten mit moralischen und juristischen Normen zu bekämpfen, da die Verbrechensbekämpfung immer unter Berücksichtigung der Rechte jedes einzelnen und der Rechtsstaatlichkeit erfolgen muß. Der Kampf gegen die Gewalt muß darauf abzielen, das Verbrechen einzudämmen und die Gesellschaft zu schützen, aber er muß außerdem darauf abzielen, die Reue und Korrektur des Verbrechers zu erwirken, der ja doch immer ein Menschenwesen bleibt, ein Subjekt unveräußerlicher Rechte, das als solches nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden darf, sondern rehabilitiert werden soll. Zugleich gilt auch, daß die internationale Zusammenarbeit bei der Verbrechensbekämpfung nicht nur auf die Arbeit der Polizei reduziert werden kann. Es ist erforderlich, daß die notwendige Arbeit der Verbrechensbegrenzung durch eine mutige und hellsichtige Analyse der zugrunde liegenden Beweggründe für solch inakzeptable kriminelle Handlungen begleitet wird. Besondere Aufmerksamkeit sollte auf die Faktoren der sozialen Ausgrenzung und Notlagen verwandt werden, die in der Bevölkerung fortbestehen und die ein Katalysator für die Ausbreitung von Gewalt und Haß sind. Besondere Anstrengungen sollten auch unternommen werden in den Bereichen der Politik und der Erziehung, um den Problemen zu begegnen, die die Gewalt nähren, und Bedingungen zu begünstigen, die verhindern, daß Gewalt ausbricht oder sich entwickelt. Deshalb darf die Antwort auf Gewalt und Verbrechen nicht nur an die Vertreter von Recht und Ordnung delegiert werden, sondern verlangt nach einer Mitwirkung all jener, die dazu imstande sind, sich mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen. Die Überwindung der Gewalt ist eine Aufgabe, die nicht nur die erwähnten Institutionen und Organisationen einbeziehen sollte, sondern die ganze Gesellschaft: die Familie, das Erziehungswesen einschließlich der Schulen und religiösen Vereinigungen, die sozialen Kommunikationsmittel, wie auch jeden einzelnen Bürger. Jedermann hat seine oder ihre ganz persönliche Verantwortung daran zu tragen, an einer gerechten und friedlichen Zukunft mitzubauen.

... auf englisch:Den Leitern von Interpol und allen Mitarbeitern erneuere ich meine Dankbarkeit für ihre Arbeit, die nicht immer leicht ist und nicht immer von allen in ihrer richtigen Zielsetzung verstanden wird. Ich kann meine Ausführungen nicht beschließen, ohne die Unterstützung zu erwähnen, die Interpol der Gendarmerie des Staates der Vatikanstadt gewährt, gerade auch auf meinen Reisen ins Ausland. Der allmächtige und barmherzige Gott möge Sie bei der Ausübung Ihrer Verantwortungen erleuchten; er möge Sie in Ihrem Dienst zum Wohl der Gesellschaft unterstützen und Sie, Ihre Mitarbeiter und Ihre Familien beschützen.

... auf arabisch:Vielen Dank für Ihr Kommen! Der Herr segne Sie alle!

  



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