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HOCHFEST DER GOTTESMUTTER MARIA
54. WELTFRIEDENSTAG 

PAPST FRANZISKUS

ANGELUS

Bibliothek im Apostolischen Palast
Freitag, 1. Januar 2021

[Multimedia]


 

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag und ein gutes neues Jahr!

Wir beginnen das neue Jahr, indem wir uns unter den mütterlichen und liebevollen Blick Marias stellen, die die Liturgie heute als Mutter Gottes feiert. So setzen wir unseren Weg in der Zeit fort und vertrauen unsere Ängste und Sorgen derjenigen an, die alles vermag. Maria schaut uns mit mütterlicher Zärtlichkeit an, so wie sie ihren Sohn Jesus anschaute. Und wenn wir auf die Krippe schauen [Franziskus wendet sich der im Raum aufgestellten Krippe zu], so sehen wir, dass Jesus nicht in der Krippe liegt, und man hat mir erzählt, dass die Gottesmutter gesagt habe: »Wollt ihr mich dieses mein Kind nicht ein wenig auf meinen Armen halten lassen?« Und so macht es die Gottesmutter mit uns: Sie möchte uns in ihren Armen halten, uns behüten, wie sie ihren Sohn behütet und geliebt hat. Der beruhigende und tröstende Blick der Gottesmutter ist eine Ermutigung, diese uns vom Herrn geschenkte Zeit für unser menschliches und geistliches Wachstum zu nutzen, dass es eine Zeit sei, um Hass und Spaltungen – es gibt viele – zu beseitigen, dass es eine Zeit sei, um zu spüren, dass wir alle mehr Brüder und Schwestern sind, dass es eine Zeit sei, um aufzubauen und nicht um zu zerstören, um füreinander und für die Schöpfung Sorge zu tragen. Eine Zeit des Wachsen-Lassens, eine Zeit des Friedens.

Gerade der Sorge für den Nächsten und für die Schöpfung ist das Thema des Weltfriedenstages gewidmet, den wir heute begehen: Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden. Die schmerzlichen Ereignisse, die den Weg der Menschheit im vergangenen Jahr geprägt haben, insbesondere die Pandemie, lehren uns, wie notwendig es ist, sich für die Probleme der anderen zu interessieren und ihre Sorgen zu teilen. Diese Haltung ist der Weg, der zum Frieden führt, denn sie begünstigt den Aufbau einer Gesellschaft, die auf brüderlichen Beziehungen beruht. Jeder von uns, Männer und Frauen dieser Zeit, ist dazu berufen, Frieden zu schaffen: jeder von uns, wir dürfen demgegenüber nicht gleichgültig sein. Wir alle sind berufen, den Frieden herbeizuführen und ihn jeden Tag und in jedem Lebensbereich zu verwirklichen, indem wir dem Bruder oder der Schwester, die ein tröstendes Wort, eine Geste der Zärtlichkeit oder solidarische Hilfe brauchen, die Hand reichen. Und das ist für uns eine gottgegebene Aufgabe. Der Herr gibt uns die Aufgabe, Friedensstifter zu sein.

Und Friede kann aufgebaut werden, wenn wir beginnen, mit uns selbst in Frieden zu sein – in unserem Inneren, in unseren Herzen – und mit den Menschen in unserer Nähe, indem wir die Hindernisse beseitigen, die uns daran hindern, uns um die Bedürftigen und Armen zu kümmern. Es geht darum, eine Mentalität und eine Kultur der »Achtsamkeit« zu entwickeln, um die Gleichgültigkeit zu überwinden, um Ausgrenzung und Rivalität zu überwinden – Gleichgültigkeit, Ausgrenzung, Rivalität –, die leider vorherrschen. Diese Haltungen ablegen. Und so ist der Friede nicht nur die Abwesenheit von Krieg. Friede ist niemals aseptisch, nein, es gibt keinen Frieden des »quirófano« [spanisch: »Operationssaal«]. Friede ist im Leben: er ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern er ist ein sinnerfülltes Leben, das in persönlicher Erfüllung und im brüderlichen Austausch mit anderen gelebt wird und darauf ausgerichtet ist. Der so sehr ersehnte und durch Gewalt, Egoismus und Bosheit immer wieder gefährdete Friede, dieser gefährdete Friede wird dann möglich und erreichbar, wenn ich ihn als eine mir von Gott gegebene Aufgabe annehme.

Möge die Jungfrau Maria, die den »Friedensfürsten« (vgl. Jes 9,6) geboren hat und ihn so zärtlich in ihre Arme schließt, für uns vom Himmel das kostbare Gut des Friedens erlangen, das durch menschliche Bemühungen allein nicht vollständig zu erreichen ist. Menschliche Bemühungen allein reichen nicht aus, denn der Friede ist vor allem ein Geschenk, eine Gabe Gottes. Er muss durch unablässiges Gebet erfleht, mit geduldigem und respektvollem Dialog aufrechterhalten, durch eine Zusammenarbeit aufgebaut werden, die für Wahrheit und Gerechtigkeit offen ist und immer auf die legitimen Bestrebungen der einzelnen Menschen und der Völker achtet. Meine Hoffnung ist, dass der Friede in den Herzen der Menschen und in den Familien, an den Arbeitsplätzen und in der Freizeit, in den Gemeinschaften und Nationen herrschen möge. In den Familien, bei der Arbeit, unter den Nationen: Friede, Friede. Es ist an der Zeit, dass wir darüber nachdenken, dass das Leben heute von Kriegen bestimmt wird, von Feindschaften, von so vielen Dingen, die zerstören… Wir wollen Frieden. Und dieser ist ein Geschenk.

An der Schwelle dieses Beginns möchte ich allen meine herzlichen guten Wünsche für ein glückliches und friedliches Jahr 2021 übermitteln. Möge jeder von uns sich bemühen, es zu einem Jahr der geschwisterlichen Solidarität und des Friedens für alle werden zu lassen, ein Jahr voll zuversichtlicher Erwartung und Hoffnung, das wir dem Schutz Marias, der Mutter Gottes und unserer Mutter, anvertrauen.


Nach dem Angelusgebet:

Liebe Brüder und Schwestern!

Euch allen, die ihr über die Medien verbunden sind, wünsche ich Frieden und zuversichtliche Gelassenheit für das neue Jahr.

Ich danke dem Präsidenten der Italienischen Republik, Herrn Sergio Mattarella, für die guten Wünsche, die er gestern Abend in seiner Botschaft zum Jahresende an mich gerichtet hat, und ich erwidere sie herzlich.

Ich bin all jenen in allen Teilen der Welt dankbar, die unter Berücksichtigung der durch die Pandemie auferlegten Einschränkungen anlässlich des heutigen Weltfriedenstages Momente des Gebets und der Besinnung initiiert haben. Ich denke dabei insbesondere an den Virtuellen Marsch von gestern Abend, der vom italienischen Episkopat, Pax Christi, Caritas und der Katholischen Aktion organisiert wurde, und auch an den virtuellen Marsch von heute Morgen, der von der Gemeinschaft »Sant’Egidio« im weltweiten Streaming veranstaltet wurde. Ich danke euch allen für diese und viele andere Initiativen zugunsten von Versöhnung und Eintracht unter den Völkern.

In diesem Zusammenhang bringe ich mein Bedauern und meine Besorgnis über die weitere Eskalation der Gewalt im Jemen zum Ausdruck, die zahlreiche unschuldige Opfer fordert, und ich bete dafür, dass Anstrengungen unternommen werden, um Lösungen zu finden, die für diese gemarterte Bevölkerung die Rückkehr des Friedens ermöglichen. Brüder und Schwestern, wir wollen an die Kinder im Jemen denken! Ohne Ausbildung, ohne Medizin, hungernd. Lasst uns gemeinsam für den Jemen beten.

Ich lade euch auch ein, euch den Gebeten der Erzdiözese Owerri in Nigeria für Bischof Moses Chikwe und seinen Fahrer anzuschließen, die in den letzten Tagen entführt wurden. Wir bitten den Herrn, dass sie und alle, die Opfer ähnlicher Taten in Nigeria geworden sind, unversehrt in die Freiheit zurückkehren und dass dieses liebe Land Sicherheit, Eintracht und Frieden finden möge.

Einen besonderen Gruß richte ich an die Sternsinger, Kinder und Jugendliche, die in Deutschland und Österreich, obwohl sie die Familien nicht in ihren Häusern besuchen können, einen Weg gefunden haben, ihnen die frohe Botschaft von Weihnachten zu überbringen und Spenden für ihre bedürftigen Altersgenossen zu sammeln.

Allen wünsche ich ein Jahr des Friedens und der Hoffnung, unter dem Schutz Marias, der heiligen Mutter Gottes. Und bitte vergesst nicht, für mich zu beten. Gesegnete Mahlzeit und auf Wiedersehen!



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