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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"

 

Sünder ja, Korrupte nein

Montag, 11. November 2013

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 47, 22. November 2013

 

»Sünder ja, Korrupte nein.« Im Verlauf der heiligen Messe, die Papst Franziskus am Morgen des 11. November in der Kapelle von Santa Marta gefeiert hat, sprach er erneut über die Korruption, oder vielmehr über die Korrupten, deren »Doppelleben « sie zu etwas mache, das »einer schön lackierten Verdorbenheit« gleichgestellt werden könne.

Die Reflexion des Papstes ging aus von der Schriftlesung aus dem Lukasevangelium (17,1-6): »Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er sich ändert, vergib ihm. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: ›Ich will mich ändern!‹, so sollst du ihm vergeben.« »Wenn ich diese Bibelstelle lese«, so gestand er, dann sehe ich immer Jesus vor mir. Wir haben es oft gehört: er wird nie müde, zu vergeben. Und er empfiehlt uns, dasselbe zu tun.« Der Bischof von Rom verweilte dann bei der Gestalt des Sünders, der um Verzeihung bitte, aber, obwohl er bereue, doch immer wieder von neuem in Sünde verfalle. Der Papst erläuterte: er »bereut, aber kann es nicht lassen; er ist schwach. Es ist die Schwäche der Erbsünde.« Der gute Wille ist da, aber auch die Schwäche ist da, und »der Herr vergibt«. Die einzige Bedingung hierfür bestehe darin, »zu ihm zu gehen«, so fügte er hinzu, »und zu sagen: ›Ich habe gesündigt, vergib mir. Ich möchte es nicht mehr tun, aber ich bin schwach.‹ Das ist der Sünder.« Und Jesu Haltung sei stets die Vergebung.

In der Schriftlesung sei aber auch eine andere Passage enthalten, so bemerkte der Bischof von Rom, in der Jesus sage: »Wehe dem, der die Verführungen verschuldet.« Jesus, so erläuterte er, »spricht nicht von der Sünde, sondern von den Verführungen, vom Skandal«, und sagt: »Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt. Seht euch vor!« Der Papst fragte sich folglich: »Aber welcher Unterschied besteht zwischen dem Begehen einer Sünde oder dem Verursachen eines Skandals? Worin besteht der Unterschied zu sündigen oder etwas zu tun, das einen Skandal, ein Ärgernis hervorruft und Schaden verursacht, großen Schaden?« Der Unterschied, so sagte er, bestehe darin, dass »wer sündigt und bereut, um Vergebung bittet, er fühlt sich schwach, er fühlt sich als Kind Gottes, er demütigt sich und erbittet Jesu Erlösung. Aber wer Ärgernis erregt, bereut nicht und fährt fort, zu sündigen und tut so, als sei er ein Christ.« Es ist so, als führe er »ein Doppelleben« und, so fügte Franziskus hinzu, »das Doppelleben eines Christen richtet großen Schaden an.«

Hierzu nannte der Papst als Beispiel einen Mann, der mit der einen Hand den Geldbeutel öffne und sehen lasse, dass er der Kirche helfe, während er gleichzeitig mit der anderen Hand »den Staat, die Armen« beraube. Das sei »ein Ungerechter «, für den es besser gewesen wäre – »und das sage nicht ich, sondern Jesus«, so betonte der Papst –, man würde ihm einen Mühlstein um den Hals hängen und ihn ins Meer werfen. Hier könne von keiner Vergebung die Rede sein, »denn dieser Mensch täuscht«, sagte der Papst, unter Verweis auf die erste Lesung aus dem Buch der Weisheit (1,1-7), wo zu lesen ist: »Der Heilige Geist, der Lehrmeister, flieht vor der Falschheit, er entfernt sich von unverständigen Gedanken und wird verscheucht, wenn Unrecht naht«. (V. 5) »Da, wo Falschheit ist«, kommentierte Papst Franziskus, »da ist der Geist Gottes abwesend. Das ist der Unterschied zwischen dem Sünder und dem Verdorbenen. Wer ein Doppelleben führt, ist korrupt. Der Sünder hingegen möchte nicht sündigen. Aber er ist schwach oder er befindet sich in einer Lage, für die er keine Lösung findet, aber er geht zum Herrn und bittet um Vergebung. Diesen Menschen liebt der Herr, er begleitet ihn, er ist bei ihm. Und wir alle, die wir hier sind, müssen sagen: Sünder ja, Korrupte nein.« Die Korrupten, so führte der Papst nochmals aus, haben keine Ahnung, was Demut ist. Jesus verglich sie mit weiß angestrichenen Gräbern: außen schön, innen aber voll von verwesenden Knochen. »Und ein Christ, der sich rühmt, ein Christ zu sein, aber kein christliches Leben führt«, so unterstrich er, »ist ein Verdorbener.«

Wir alle kennen jemanden, der »sich in dieser Lage befindet und wir alle wissen, welchen Schaden die verdorbenen Christen, die verdorbenen Priester der Kirche zufügen. Wie viel Schaden fügen sie doch der Kirche zu! Sie leben nicht im Geist des Evangeliums, sondern dem Geist der Weltlichkeit gemäß. Und der heilige Paulus sagt den Römern in ganz eindeutigen Worten: »Gleicht euch nicht dieser Welt an« (vgl. Röm 12,2). Aber im Originaltext spricht er sogar noch stärkere Worte aus: Passt euch nicht den Verhaltensmustern dieser Welt, den Maßstäben dieser Welt an, denn gerade sie sind es, diese Weltlichkeit, die zum Doppelleben führen.«

Abschließend sagte der Heilige Vater: »Eine schön lackierte Verderbtheit: das ist das Leben des Korrupten. Und Jesus nannte diese Menschen nicht Sünder, sondern er nannte sie Heuchler.« Jesus, so erinnerte er nochmals, vergibt immer, er wird nicht müde, zu vergeben. Die einzige Bedingung, die er stelle, sei die, dass man nicht dieses Doppelleben führe: »Bitten wir den Herrn heute darum, dass er uns vor jeder Täuschung fliehen lasse, dass wir uns als Sünder bekennen. Sünder ja, Korrupte nein.«

 

 



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