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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Seid nicht faul 

 Dienstag, 11. November 2014

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 48, 28. November 2014

 

Wie soll unser Glaube aussehen? So lautet die Frage der Apostel, und auch die unsere. Die Antwort lautet: »Ein Glaube, der eingebettet ist in den Dienst« an Gott und am Nächsten. Ein demütiger, unentgeltlicher, großzügiger Dienst, der niemals »auf halbem Weg« stehenbleibt. Nur so kann man sich wirklich öffnen für die Hoffnung auf die endgültige Begegnung mit Jesus.

In seinen Erläuterungen zum Tagesevangelium (Lk 17,5-10) bezog sich der Papst am 11. November in der Frühmesse in Santa Marta auf den Abschnitt, in dem die Jünger Jesus bitten: »Stärke unseren Glauben!« Und Jesus antwortet: »Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.« Der Herr, so erläuterte Franziskus, spreche also über »einen starken Glauben«, der so stark sei, dass er »große Wunder vollbringen« könne, aber nur unter einer Bedingung: dass dieser Glaube »in den Rahmen des Dienstes« gestellt würde, dass er »zum Dienst ansporne«. Einen unbeschränkten, totalen Dienst, wie jener des »Sklaven, der den ganzen Tag gearbeitet hat« und der, wenn er vom Feld komme, »den Herrn bedienen und ihn mit Essen versorgen muss, und erst danach darf er ausruhen«. Das, so der Papst, klinge scheinbar »ein wenig anspruchsvoll, ein wenig hart«: Jemand könnte diesem Sklaven empfehlen, »zur Gewerkschaft zu gehen und sich dort Rat zu holen«, wie er sich »einem solchen Herrn gegenüber« verhalten solle. Aber der Dienst, der gefordert werde, sei deshalb so »unbeschränkt«, weil es derselbe Dienst sei, den Jesus selbst vorgelebt habe: »Er hat den Weg vorgegeben mit dieser Auffassung des Dienens; er ist der Knecht, der nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen.«

Wenn er auf dem »Weg des Dienens« gehe, dann vollbringe der Glaube »Wunder«. Dagegen »wird ein Christ, der in der Taufe das Geschenk des Glaubens erhält, es dann aber nicht auf dem Weg des Dienens voran bringt, zu einem kraftlosen, unfruchtbaren Christen, zu einem Christen, der sich selbst zum Zweck hat, um sich selbst zu dienen, um sich selbst Vorteile zu verschaffen.« Dieser Mensch, so kommentierte der Papst, werde zwar »sicherlich in den Himmel kommen, aber was für ein trauriges Leben!« In diesem Fall geschehe es dann, dass »viele große Gaben des Herrn vergeudet« würden, denn, »wie der Herr ganz ausdrücklich gesagt hat: Der Dienst ist ein einziger«, und man könne nicht zwei Herren zugleich dienen, Gott und dem Reichtum. In diesem Zusammenhang erinnerte der Papst an »die Israeliten zur Zeit des Propheten Elija, die sich sowohl mit Jahwe als auch mit Baal gut stellen wollten«. Elija sage zu ihnen: »Wie lange noch schwankt ihr nach zwei Seiten? So kann es nicht weitergehen! « Denn, so bekräftigte Franziskus, »man dient einem einzigen Herrn«.

An diesem Punkt ging Franziskus detaillierter auf das Alltagsleben und auf die Schwierigkeiten ein, mit denen sich der Christ auseinandersetzen müsse, wenn er die Worte des Evangeliums in die Tat umsetzen wolle. »Wir können uns«, so sagte er, zunächst »aus einer gewissen Faulheit heraus von dieser dienstbereiten Haltung entfernen«: Wir würden »träge, so wie es jene fünf faulen Mädchen wurden, die zwar den Bräutigam erwarteten, aber ohne dafür zu sorgen, dass genügend Öl in ihren Lampen war«. Und die Faulheit lasse »das Herz lau« werden. Wir seien also aus Faulheit geneigt, Rechtfertigungen zu erfinden: »Aber wenn dieser oder jene kommen, um an die Tür zu klopfen, dann sage ihnen, dass ich nicht zu Hause bin, denn sie kommen, um einen Gefallen zu erbitten, und nein, ich will nicht…« Die Faulheit »entfernt uns vom Dienst und bringt uns dazu, bequem zu werden, egoistisch zu werden«.

Und, so der Kommentar des Papstes, »viele Christen« seien gerade so: »Sie sind gut, sie gehen zur Messe«, aber was den Dienst anbelange, so brächten sie sich »nur bis zu einem gewissen Punkt« ins Spiel.« Doch »wenn ich Dienst sage«, so betonte er, »dann meine ich alles: Dienst an Gott in der Anbetung, im Gebet, im Lobpreis«, Dienst »am Nächsten« und »Dienst bis ans Ende«. Jesus sage hierzu »ein eindrückliches Wort« und empfehle: »So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven.« Man müsse also »einen unentgeltlichen Dienst leisten, ohne Forderungen zu stellen«.

Und dann gebe es auch noch eine weitere »Möglichkeit, sich von dieser Haltung der Dienstbarkeit zu entfernen«, und zwar die, »sich der Situation bemächtigen zu wollen«. Das sei auch bei den Aposteln geschehen, die die Menschen weggeschickt hätten, »damit sie Jesus nicht belästigten«, in Wirklichkeit aber auch deshalb, »um es selbst bequem zu haben«: Sie hätten sich »der Zeit des Herrn bemächtigt, sie bemächtigten sich der Macht des Herrn. Sie wollten sie für ihr eigenes Grüppchen.« Sie hätten sich praktisch »dieser Haltung des Dienstes bemächtigt, indem sie sie in eine Machtstruktur verwandelt« hätten. So »erklärt sich, wie es dazu kam, dass sie untereinander darüber stritten, wer der größte von ihnen wäre«. »Man versteht nun, dass die Mutter von Jakobus und Johannes zum Herrn geht und ihn bittet, einen ihrer Söhne zum Premierminister und den anderen zum Wirtschaftsminister zu machen, mit aller Macht in ihrer Hand.« Dasselbe geschehe auch bei den Christen, die »statt zu Dienern zu Herren« würden: »Herren des Glaubens, Herren des Reiches, Herren des Heils. Das kommt vor, es stellt für alle Christen eine Versuchung dar.«

Der Herr spreche dagegen vom »Dienst in Demut«. So, wie er selbst es getan habe, »der sich, obwohl er Gott war, demütigte, sich erniedrigte, bis in den Tod ging: um zu dienen. Es ist ein Dienst in der Hoffnung, und das ist die Freude des christlichen Dienens«, welches, wie der heilige Paulus an Titus schreibe, »darin besteht, auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung zu warten, auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Retters Christus Jesus.« Der Herr »wird an die Tür klopfen« und in diesem Augenblick »zu uns kommen«, so sagte der Papst, wobei er bat: »Bitte, er möge uns in jenem Augenblick in der Haltung des Dienstes vorfinden.«

Gewiss, im Leben »müssen wir gegen zahlreiche Versuchungen ankämpfen, die danach trachten, uns von dieser Haltung des Dienstes abzubringen «: gegen die Faulheit, die »zur Bequemlichkeit führt« und uns dazu dränge, »den Dienst nur zur Hälfte zu tun«; und gegen die Versuchung, »uns der Lage zu bemächtigen«, die »zum Hochmut, zum Stolz führe, dazu, die Menschen schlecht zu behandeln, uns wichtig vorzukommen ›weil ich ein Christ bin und das Heil habe‹ beiden großen Gnaden schenken: die Demut des Dienens, damit wir uns sagen können: wir sind unnütze Sklaven«, und »die Hoffnung in Erwartung des Offenbarwerdens« des Herrn, »der zu uns kommen wird«.

 



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