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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

 

Eine Kirche der Märtyrer

Dienstag, 21. April 2015

 

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 18, 1. Mai 2015

 

»Heute ist die Kirche eine Kirche der Märtyrer. « Und unter ihnen sind auch »unsere am Strand in Libyen abgeschlachteten Brüder; jener Junge, den seine Gefährten lebendigen Leibes verbrannt haben, weil er Christ war; diese Migranten, die auf hoher See ins Wasser geworfen werden, weil sie Christen sind; die Äthiopier, die ermordet wurden, weil sie Christen waren.« Unter Verweis auf die Geschichte des Protomärtyrers, des heiligen Stephanus, erinnerte Papst Franziskus in der heiligen Messe am 21. April in der Kapelle des Hauses Santa Marta an die vielen Märtyrer unserer Zeit: auch an diejenigen, deren Namen wir nicht kennen, die in Gefängnishaft leiden oder »von vielen modernen Hohen Räten« verfolgt werden, oder auch solche, die Tag für Tag »die Treue in ihrer Familie leben«.

Der Papst begann seine Predigt mit dem Hinweis auf das, was alle Märtyrer vereint: Es sind Menschen, so erläuterte er, »die im Verlauf der Geschichte Zeugnis für Jesus gegeben haben«, ohne »anderen Brotes zu bedürfen: Jesus allein genügte ihnen, weil sie an Jesus glaubten«. Und heute »regt uns die Kirche an, darüber nachzudenken. Sie stellt uns in der ersten Lesung den ersten christlichen Märtyrer vor Augen«, den heiligen Stephanus, von dem in der Apostelgeschichte die Rede ist (7,51-8,1).

»Dieser Mann litt keinen Hunger, er hatte es nicht nötig, zu verhandeln, Kompromisse zu schließen, um an anderes Brot zu kommen, um zu überleben«. Und so »legt er für Jesus Zeugnis ab« bis zum Martyrium. Der Papst erinnerte unter Hinweis auf die Schriftlesungen des Vortages, dass »die Kirche bereits gestern begonnen hat, über Stephanus zu sprechen: Einige Vertreter der sogenannten Synagoge der Libertiner erhoben sich, um mit ihm zu streiten, aber sie konnten der Weisheit und dem Geist, mit dem er sprach, nicht widerstehen.« In der Tat »war Stephanus ganz vom Heiligen Geist erfüllt und sprach mit der Weisheit des Geistes: er war sehr stark.« Und so »stifteten diese Leute Männer zu der Aussage an, sie hätten gehört, wie er gegen Mose und gegen Gott gelästert habe, und falsches Zeugnis gegen ihn abzulegen«. Mit diesen Anschuldigungen »hetzten sie das Volk, die Ältesten, die Schriftgelehrten auf: sie stürzten sich auf ihn, nahmen ihn gefangen und führten ihn vor den Hohen Rat«.

»Es ist eigenartig«, bemerkte der Papst, dass »die Geschichte des Stephanus genau den Spuren Jesu« folge, also dem Schema der »falschen Zeugen «, um »das Volk aufzuhetzen und ihn vor Gericht zu zerren«. Und heute haben wir gehört, wie diese Geschichte endet, weil Stephanus vor dem Hohen Rat die Lehre Jesu darlegt, eine lange Erklärung gibt«. In Wirklichkeit »wollten seine Ankläger nicht zuhören, denn ihre Herzen waren verschlossen«. So »sagt Stephanus ihnen schließlich, mit der Kraft des Geistes, die Wahrheit: ›Ihr Halsstarrigen, ihr, die ihr euch mit Herz und Ohr immerzu dem Heiligen Geist widersetzt‹«, das heiße, dass sie an Herz und Ohren unbeschnitten und damit Heiden seien. »Ihr habt weder das Herz noch die Ohren des Glaubens an Gott.« Mit diesem Hinweis: »Ihr seid Heiden, Unbeschnittene« will Stephanus sagen: »Ihr widersetzt euch immerzu dem Heiligen Geist.«

»Ein Merkmal der Halsstarrigkeit dem Wort Gottes gegenüber« bestehe im »Widerstand gegen den Heiligen Geist«, so der Papst, der die Worte des Stephanus wiederholte: Ihr seid »wie eure Väter. ›Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?‹« Stephanus erinnere »an die vielen Propheten, die verfolgt und getötet wurden, weil sie dem Wort Gottes treu waren«. Als er »bekennt, wie er in einer Vision Jesus sah, das, was Gott ihn, der vom Heiligen Geist erfüllt ist, sehen ließ sind sie aufs äußerste empört, erheben ein großes Geschrei und halten sich die Ohren zu«. Und das sei ein »eindeutiges Zeichen«, dass sie »nicht hören wollten«. Und so »stürmen sie gemeinsam auf ihn los, treiben ihn zur Stadt hinaus und beginnen mit der Steinigung.«

Und so sehe »die Geschichte der Märtyrer« immer aus, auch die »der Märtyrer des Alten Testaments, über die Stephanus vor dem Hohen Rat sprach«. Es gehe darum, dass das »Wort Gottes den Herzen gewisser Leute immer missfällt: Das Wort Gottes bereitet dir Unbehagen, wenn du ein hartes Herz hast, wenn du ein heidnisches Herz hast, denn das Wort Gottes enthält die Aufforderung an dich, weiterzugehen und nach jenem Brot zu suchen, von dem Jesus gesprochen hat, und damit deinen Hunger zu stillen.«

»In der Geschichte der Offenbarung«, so bekräftigte Franziskus, gebe es »zahlreiche Märtyrer, die getötet wurden, weil sie dem Wort Gottes, der Wahrheit Gottes treu blieben«. So »hat das Martyrium des Stephanus sehr viel Ähnlichkeit mit dem Opfertod Jesu«. Und während sie ihn steinigten, habe Stephanus mit den folgenden Worten gebetet: »Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« Man komme nicht umhin, sich dabei an die Worte zu erinnern, die Jesus am Kreuz gesagt hat: »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.«

Und die Apostelgeschichte berichte weiter, dass Stephanus »in die Knie sank und laut rief: ›Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!‹« Jesus seinerseits hatte gesagt: »Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.« Das sei »die christliche Großmut der Vergebung, des Gebets für die Feinde«. Aber »diese Leute, die die Propheten verfolgten, jene, die Stephanus und unzählige Märtyrer verfolgt und getötet haben, diese Leute – Jesus hat es gesagt – glaubten, Gott zu verherrlichen, sie glaubten so der Lehre Gottes treu zu sein«. Und der Papst bekräftigte: »Heute möchte ich daran erinnern, dass die Geschichte der Kirche, die wahre Geschichte der Kirche, die Geschichte der Heiligen und der Märtyrer ist: der verfolgten Märtyrer«, viele getötet von jenen, »die glaubten, dadurch Gott zu verherrlichen, Menschen, die glaubten, im Besitz der Wahrheit zu sein: ein verderbtes Herz, aber die Wahrheit«.

»Wie viele ›Stephans‹ gibt es auch dieser Tage auf der Welt!«, so der Papst. Und er erinnerte an Geschichten der Verfolgung aus der jüngsten Zeit: »Denken wir an unsere Brüder, die am Strand von Libyen abgeschlachtet worden sind; denken wir an diesen Jungen, den seine Gefährten lebendigen Leibes verbrannt haben, weil er Christ war; denken wir an diese Migranten, die auf hoher See ins Wasser geworfen werden, weil sie Christen sind; denken wir – vorgestern – an die Äthiopier, die ermordet wurden, weil sie Christen waren.« Und auch, so fügte er hinzu, »an viele andere Menschen, deren Namen wir nicht kennen, die in Gefängnishaft leiden, weil sie Christen sind.«

Heutzutage, bekräftigte Franziskus, »ist die Kirche eine Kirche von Märtyrern: sie leiden, sie geben ihr Leben, und wir erhalten dank ihres Zeugnisses Gottes Segen«. Und »es gibt weiter auch die verborgenen Märtyrer, diese Männer und Frauen, die der Kraft des Heiligen Geistes, der Stimme des Geistes, treu sind, die Wege bahnen, die neue Wege suchen, um ihren Brüdern zu helfen und Gott noch mehr zu lieben.« Und die eben aus diesem Grund »verdächtigt, verleumdet und verfolgt werden von vielen modernen Hohen Räten, die sich für die Herren der Wahrheit halten«. Heute, so sagte der Papst, gebe es »unzählige Märtyrer im Verborgenen«, und unter ihnen seien sehr viele, »die um der Treue in ihrer Familie willen viel zu leiden haben«.

»Unsere Kirche ist eine Kirche der Märtyrer«, betonte Franziskus, bevor er die Messfeier fortsetzte. Und er fügte anschließend hinzu: »Der ›erste Märtyrer‹ kommt zu uns, der erste, der Zeugnis abgelegt hat und, mehr noch, der uns allen das Heil geschenkt hat. Vereinen wir uns in der Eucharistie mit Jesus, und vereinen wir uns mit den unzähligen Brüdern und Schwestern, die das Martyrium der Verfolgung, der Verleumdung und der Tötung erleiden, weil sie dem einzigen Brot, das zu sättigen vermag, das heißt Jesus, treu sind!«

  


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