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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"

Die Logik des Übermorgen

Freitag, 16. September 2016

 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 30. September 2016)

 

Der Christ muss den Mut haben, nach der »Logik des Übermorgen« zu leben, das heißt in der Gewissheit der »Auferstehung des Fleisches«, die auch »die tiefste Wurzel der Werke der Barmherzigkeit « ist. Der Papst warnte auch vor den Versuchungen, sich von einer »spiritualistischen Frömmigkeit« bestimmen zu lassen oder sich allein auf »die Logik der Vergangenheit und Gegenwart « zu beschränken. In der heiligen Messe am 16. September, die der Papst in der Kapelle der Casa Santa Marta feierte, hob er die Wahrheit der »Logik der Erlösung bis zum Ende« hervor.

Franziskus stützte sich zu Beginn seiner Meditation auf das Tagesevangelium nach Lukas (8,1-3). »Wenn ich diesen Abschnitt aus dem Evangelium höre, muss ich immer ein wenig lächeln, weil einige Apostel etwas gegen Maria Magdalena zu haben scheinen: Lukas und auch Markus erinnern immer an die Vergangenheit«. So schreiben sie, dass aus ihr »sieben Dämonen ausgefahren waren«. Aber »die arme Frau, sie war die Apostelin der Auferstehung, sie ist die Apostelin, aber sie vergessen nicht«. Anschließend ging der Papst auf die Lesung aus dem ersten Korintherbrief (15,12-20) ein, indem er sich »auf dieses Spiel einließ – das ist das Wort, das mir in den Sinn kommt: Spiel –, das Paulus« zwischen der Auferstehung Christi und »unserer Auferstehung herstellt: ›Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann werden auch wir nicht auferweckt.‹ So geht es mehrmals hin und her, scheint aber ein wenig verwirrend zu sein.« In Wirklichkeit, so Franziskus, sei die Absicht des Völkerapostels »klar: Er will bewirken, dass wir in die Logik der Erlösung bis zum Ende« eintreten.

« Zum Beispiel: »Wenn wir das Credo beten, dann ist es schön, wenn wir sagen: ›Gott, den Vater, den Allmächtigen… den Sohn… den Heiligen Geist…‹« Und »bis dahin sagen wir es gut«. Dagegen »beginnt man am Schluss des Credo immer schneller zu werden: ›die katholische Kirche, die Auferstehung der Toten‹, oder wie man in einigen Übersetzungen, zum Beispiel der spanischen, sagt: ›die Auferstehung des Fleisches‹‹. Aber diesen Teil des Credo »sagen wir schnell: ja, wir sagen ihn lieber schnell, weil wir nicht so genau wissen, wie das sein wird. Das Fleisch macht uns Angst.« Im Korintherbrief »lässt sich Paulus auf dieses ganze ›Spiel‹ um die Auferstehung ein: Wenn Jesus so gehandelt hat, dann damit wir…; und wenn es bei uns nicht so sein wird, dann hat es auch Jesus nicht getan.«

Laut Franziskus gibt es eine einfache Erklärung: »Für uns alle ist es leicht, in die Logik der Vergangenheit einzutreten, weil das konkret ist: Wir haben gesehen…« Und »es ist auch leicht, in die Logik der Gegenwart einzutreten, weil wir sie sehen«. Der Papst räumte ein: »Allerdings müssen wir auch sagen, dass viele Psychiater daran gearbeitet haben, manchen Menschen diese Logik der Vergangenheit und der Gegenwart verständlich zu machen: sie ist leicht, sie ist konkret.

« Und er fuhr fort: »Das ist nicht so schwer, aber hier lassen wir uns von einem gewissen Neu-Sadduzäertum täuschen: In der Logik der Zukunft denken…? ›Nein, aber im Himmel, ja, aber viele sind im Himmel: Wie wird das sein? Aber es ist besser, nicht darüber nachzudenken.‹ « Das sei ein wenig die Denkweise nach Art der Sadduzäer: »Der Herr liebt uns und wird uns weiterleben lassen, aber denken wir lieber nicht über das Wie nach, denn das ist schwierig.« Sicherlich sei »es nicht leicht, ganz in diese Logik der Zukunft einzutreten«.

In der Tat »ist die Logik des Gestern leicht, die Logik des Heute ist leicht« und auch »die Logik des Morgen ist leicht: Wir alle werden sterben«, unterstrich der Papst. »Schwierig« sei dagegen »die Logik des Übermorgen«. Das sei genau das, »was Paulus uns heute verkünden will, die Logik des Übermorgen: Wie wird es sein?« Die zentrale Frage sei »die Auferstehung: Christus ist auferstanden, und ganz klar ist er nicht als Geist auferstanden «. Lukas gebe daher in seinem Berichtvon der Auferstehung folgende Worte Jesu wieder: »Fasst mich an, gebt mir etwas zu essen!« Denn »kein Geist hat Fleisch und Knochen«. Daher sei »die Logik des Übermorgen eine Logik, in der das Fleisch eine Rolle spielt: Wie wird der Himmel sein? Ja, werden wir alle dort sein?« »Aber wir begreifen nicht, was Paulus uns zu verstehen geben will, diese Logik des Übermorgen «, erläuterte der Papst weiter. Und »auch hier führt uns ein gewisser Gnostizismus in die Irre: Nein, es wird alles spirituell sein.« Tatsache sei, das »wir alle Angst haben vor dem Fleisch: Vergessen wir nicht, dass dies die erste Häresie war, die der Apostel Johannes verurteilt: ›Wer sagt, dass das Wort Gottes nicht im Fleisch gekommen ist, ist vom Antichrist, ist vom Bösen.‹« Ja, »wir haben Angst, das Fleisch Christi zu akzeptieren und dies bis in seine letzten Konsequenzen zu durchdenken «. »Eine spriritualistische Frömmigkeit ist einfacher, eine Frömmigkeit der undeutlichen Schattierungen. Aber in die Logik des Fleisches Christi einzutreten, das ist schwer.« Dennoch sei dies »die Logik des Übermorgen: Wir werden auferstehen, wie Christus auferstanden ist, mit unserem Fleisch.«

In diesem Zusammenhang wies Franziskus darauf hin, dass man »in den Prophetien etwas versteht«, das eine Hilfe sein könne. Zum Beispiel »sagt uns Ijob im 19. Kapitel prophetisch-dunkel etwas: ›Ich weiß: mein Erlöser lebt… Ihn selber werde ich dann für mich schauen; meine Augen werden ihn sehen.‹« Jesus selbst habe gezeigt, »dass seine Auferstehung so ist«. Doch bereits »die ersten Christen, die Christen von Korinth und auch die von Thessalonich dachten: ›Ja, ja, er ist so auferstanden, aber wir vielleicht, man weiß nicht. Ja, wir werden den Herrn sehen, aber…‹« In Wirklichkeit hätten gerade »hier, im Glauben an die Auferstehung des Fleisches« die »Werke der Barmherzigkeit ihre tiefste Wurzel, weil es eine beständige Verbindung gibt: das Fleisch Christi, das Fleisch des Bruders, die Werke der Barmherzigkeit, es ist das verwandelte Fleisch«.

Daher sage »Paulus zu den Christen von Thessalonich « in seinem ersten Brief im vierten Kapitel: ›Ich will euch über die Verstorbenen nicht in Unkenntnis lassen… Wir werden alle verwandelt werden.‹« Unser Leib, so Franziskus weiter, »unser Fleisch wird verwandelt werden und wir werden immer beim Herrn sein, so wie der Herr ist, mit Leib und Seele, verwandelt: so wie der Herr sich gezeigt hat und sich hat berühren lassen, so wie er mit den Jüngern nach der Auferstehung gegessen hat, so werden auch wir denselben Leib haben.« Und »das ist die Logik des Übermorgen, die wir so schwer verstehen und in die wir nur schwer eintreten«. Hier komme uns ein schöner Satz des heiligen Paulus an die Christen von Thessalonich zu Hilfe: So verwandelt, »werden wir immer beim Herrn sein«.

»Die Logik der Vergangenheit zu verstehen ist ein Zeichen der Reife. Sich in der Logik der Gegenwart zu bewegen ist ebenso ein Zeichen der Reife: die Logik des Gestern und des Heute«, betonte Franziskus. Und »es ist auch ein Zeichen der Reife, so klug zu sein, die Logik des Morgen, der Zukunft zu sehen«. Aber »eine große Gnade des Heiligen Geistes ist notwendig, um die Logik des Übermorgen zu verstehen, nach der Verwandlung, wenn der Herr kommen wird und uns alle auf den Wolken in die Luft entrückt, um immer bei ihm zu sein«. Abschließend sagte der Papst: »Bitten wir den Herrn um die Gnade dieses Glaubens.«

 



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