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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
 

Allein unterwegs nach Jerusalem

Dienstag, 3. Oktober 2017
 

(aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 42, 20. Oktober 2017)

 

»Jesus um die Gnade bitten, ihm aus der Nähe zu folgen«, um ihn nicht allein zu lassen und so die Versuchungen zu überwinden, auf uns selbst zu blicken und »den Kuchen« der persönlichen Interessen »unter uns aufzuteilen«: das war der geistliche Rat, den Franziskus bei der heiligen Messe am Dienstag, den 3. Oktober, in Santa Marta erteilte. »Dieser Abschnitt aus dem Evangelium – darauf machte der Papst sofort in Bezug auf das Tagesevangelium nach Lukas (9,51-56) aufmerksam – berichtet uns von dem Moment, da das Leiden des Herrn naht: ›Als die Zeit herankam, in der Jesus in den Himmel aufgenommen werden sollte…‹« Und so »geht Jesus weiter, es naht der Moment des Kreuzes, der Moment der Passion, und angesichts dessen tut Jesus zweierlei«. Vor allem »fasst der Herr die feste Entscheidung, sich auf den Weg zu machen – ›er nahm den Willen des Vaters an‹ – und geht voran«. Dann »verkündigt er dies seinen Jüngern: Jesus ist entschlossen, den Willen des Vaters bis zum Ende zu tun«. Und dem Vater sagt er es ganz klar: »Es ist dein Wille, ich bin hier, um zu gehorchen; du willst keine Opfer, sondern du willst Gehorsam, und ich gehorche und gehe voran«.

Im übrigen, so der Papst, habe es sich Jesus »nur ein einziges Mal erlaubt, den Vater zu bitten, dieses Kreuz ein wenig von ihm zu entfernen«, als er im Ölgarten den Vater bat: »Wenn es möglichist, dann nimm diesen Kelch von mir, aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe.« Jesus ist »gehorsam gegenüber dem, was der Vater will: entschlossen und gehorsam und nichts anderes, und so bis zum Ende«. »Der Herr tritt in den Raum der Geduld ein«, fuhr der Papst fort, denn »es ist dies ein Beispiel für den Weg, nicht nur unter Leiden am Kreuz sterben, sondern geduldig gehen«. So »teilt Jesus angesichts dieses festen Entschlusses, den er gefasst hatte, seinen Jüngern mit, dass die Zeit nahe«. Ihrerseits – »viele Abschnitte aus dem Evangelium berichten von ihrer Haltung gegenüber diesem Weg nach Jerusalem – begreifen die Jünger bisweilen nicht, was das besagen will, oder sie wollen nicht begreifen, da sie Angst hatten, sie waren verängstigt«. Dies sei soweit gegangen, so erinnerte der Papst, dass sie, »als Jesus ihnen sagte, sie würden zu Marta und Maria gehen, da Lazarus gestorben sei, versuchten, ihn davon zu überzeugen, nicht nach Judäa zu gehen, da es lebensgefährlich war: sie hatten Angst, sie waren verängstigt«.

Aus diesem Grund also »fragten die Jünger nicht, sie verstanden nicht«, während sie vielleicht untereinander sagten, dass es »besser ist, keine Fragen zu stellen: ›warten wir mal ab, vielleicht ändert sich was, nein, darüber wird nicht gesprochen>‹«. Das sei nun die Haltung, »die Wahrheit unter dem Tisch zu verbergen, da unten, damit man sie nicht sieht«. Mehr noch: »andere sprachen in anderen Momenten über ihre eigenen Angelegenheiten, Dinge, die nichts mit dem zu tun hatten, was Jesus sagte«. In der Tat, als der Herr sie aufrief: »Gehen wir nach Jerusalem, der Menschensohn wird gekreuzigt werden«, verstanden sie nicht, wovon er sprach. Und »sie schämten sich, weil sie darüber geredet hatten, wer von ihnen der Größte sei: ›Nein, dir kommt das zu, wenn das Reich kommt; ich zur Rechten, du zur Linken‹. Und sie teilten den Kuchen auf, ein Stück für einen jeden«. Während Jesus »allein, ganz allein« blieb. Andere Male dagegen »versuchten sie, wie in diesem Fall, etwas zu tun: ›Herr, da ist einer, der Dämonen austreibt, doch er gehört nicht zu uns, was sollen wir tun?‹«. Oder sie handelten »wie die beiden Söhne des Zebedäus, die im Augenblick des Kommens des Reiches zur Rechten und Linken Jesu sein wollten«.

Lukas berichte in seinem Evangelium, dass die Samariter Jesus in einem Dort nicht aufnehmen wollten. Und die Reaktion des Jakobus und Johannes sei heftig: »Sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet?« Nun, erklärte der Papst, »sie versuchen, Entfremdendes zu tun«, doch Jesus, so fahre der Evangelist fort, »wandte sich um und wies sie zurecht«. Im Grunde sei es so, sagte der Papst, dass die Jünger »ein Alibi dafür suchten, nicht daran denken zu müssen, was sie erwartete«. Und »Jesus« hingegen sei allein gewesen, »er hatte keine Begleitung bei dieser Entscheidung, da keiner das Geheimnis Jesu begriff, die Einsamkeit Jesu auf dem Weg nach Jerusalem: allein«. All »das – bis zum Ende«: es genüge, daran zu denken, »wie ihn die Jünger verlassen, an den Verrat des Petrus «. Jesus sei also allein gewesen: »das Evangelium sagt uns, dass ihm nur ein Engel vom Himmel erschienen war, um ihn im Ölgarten zu bestärken. Nur diese Gesellschaft. Allein!« »Doch er, allein, fasste die Entscheidung, weiterzugehen, um den Willen des Vaters zu tun«, merkte Franziskus an. Und die Jünger »verstanden nicht: sie machten anderes, sie stritten untereinander oder suchten nach Alternativen, um nicht daran denken zu müssen«. Diese »Einsamkeit Jesu zeigt sich manchmal: denken wir an jenes Mal, da er merkte, nicht verstanden worden zu sein: ›O du ungläubige und unbelehrbare Generation! Wie lange muss ich noch bei euch sein? Wie lange muss ich euch noch ertragen?‹« Der Herr also »spürte diese Einsamkeit«.

Gerade aus dieser Perspektive riet der Papst dazu, »dass wir uns alle heute ein wenig Zeit nehmen, um zu denken: Jesus hat uns so sehr geliebt und wurde von den Seinen nicht verstanden«. Sogar »die Verwandten, sagt das Evangelium, besuchten ihn und sagten über ihn: ›Er ist verrückt, er ist verrückt>‹. Er wurde nicht verstanden«. Und so ist es wichtig, »an den einsamen Jesus zu denken, der entschlossen zum Kreuz unterwegs ist, inmitten des Unverständnisses der Seinen: hieran denken und sehen, wie Jesus entschlossen zum Kreuz geht, und ihm danken«. Also zu sagen: »Danke, Herr, dass du gehorsam warst, dass du mutig warst; du hast so sehr geliebt, du hast mich so sehr geliebt.«

Auf diese Weise »kann man heute in ein Gespräch mit ihm eintreten: ›Wie oft versuche ich, viele Dinge zu tun, ohne auf dich zu blicken, der du das für mich getan hast? Der du geduldig warst – der geduldige Mensch, der geduldige Gott –, und der du mit so viel Geduld meine Sünden erträgst, mein Scheitern?"‹« Und, so fügte Franziskus hinzu, man kann »mit Jesus so sprechen – er ist immer entschlossen, voranzugehen, sein Gesicht sehen zu lassen – und ihm danken«.

»Wir wollen uns heute ein wenig Zeit nehmen « so der Papst abschließend, »wenige Minuten – fünf, zehn, fünfzehn – zum Beispiel vor dem Gekreuzigten zu verbringen oder uns Jesus vorzustellen, wie er entschlossen nach Jerusalem geht, und um die Gnade bitten, den  Mut zu haben, ihm aus der Nähe zu folgen«.

 



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