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HEILIGE MESSE AM HOCHFEST ERSCHEINUNG DES HERRN

PAPSTMESSE

PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS

Petersbasilika
Sonntag, 6. Januar 2019

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Epiphanie: Dieses Wort deutet auf die Erscheinung des Herrn hin, der sich, wie der heilige Paulus in der zweiten Lesung (vgl. Eph 3,6) sagt, allen Völkern offenbart. Diese werden heute von den Weisen verkörpert. So enthüllt sich die wunderschöne Wirklichkeit Gottes, der für alle gekommen ist: jede Nation, jede Sprache und jedes Volk ist von ihn angenommen und geliebt. Symbol dafür ist das Licht, das alles erreicht und erleuchtet.

Nun, da sich unser Gott allen offenbart, überrascht es trotzdem, wie er sich offenbart. Im Evangelium wird von einem Hin und Her rund um dem Palast des Königs Herodes berichtet, gerade als Jesus als König vorgestellt wird: »Wo ist der neugeborene König der Juden?« (Mt 2,2), fragen die Weisen. Sie werden ihn finden, aber nicht dort, wo sie gedacht hatten: nicht im königlichen Palast in Jerusalem, sondern in einer bescheidenen Wohnstätte in Betlehem. Dasselbe Paradox hat sich auch zu Weihnachten gezeigt, als das Evangelium von der Volkszählung auf dem ganzen Erdkreis zur Zeit Kaiser Augustus’ und des Statthalters Quirinius (vgl. Lk 2,2) berichtete. Doch keiner der Mächtigen damals war sich bewusst, dass der Herr der Geschichte zu ihrer Zeit geboren wurde. Und als Jesus nach seinem Vorläufer Johannes dem Täufer mit etwa dreißig Jahren öffentlich auftritt, bietet das Evangelium eine weitere feierliche Darstellung des Kontextes in Form einer Aufzählung aller damaligen „Großen“ der weltlichen und geistlichen Macht: Kaiser Tiberius, Pontius Pilatus, Herodes, Philippus, Lysanias sowie die Hohepriester Hannas und Kajaphas. Und am Schluss heißt es: »Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes« (Lk 3,2). Es erging also nicht an einen der Großen, sondern an einen Menschen, der sich in die Wüste zurückgezogen hatte. Das ist die Überraschung: Gott tritt nicht in das Rampenlicht der Welt, um sich zu offenbaren.

Beim Hören dieser Liste berühmter Persönlichkeiten könnte die Versuchung aufkommen, die „Scheinwerfer auf sie zu richten“. Wir könnten denken: Es wäre besser gewesen, wenn der Stern Jesu in Rom über dem Palatin erschienen wäre, von dem aus Augustus die Welt regierte; das ganze Reich wäre sofort christlich geworden. Oder wenn er den Palast des Herodes erleuchtet hätte, dann hätte dieser Gutes statt Böses tun können. Aber das Licht Gottes kommt nicht zu dem, der durch eigenes Licht glänzt. Gott bietet sich an, er drängt sich nicht auf; er leuchtet, aber er blendet nicht. Stets ist die Versuchung groß, das Licht Gottes mit den Lichtern der Welt zu verwechseln. Wie oft sind wir dem verlockenden Leuchten der Macht und des Rampenlichtes gefolgt in der Überzeugung, dem Evangelium einen guten Dienst zu tun! Aber so haben wir die Scheinwerfer auf die falsche Seite gerichtet, denn Gott war nicht dort. Sein mildes Licht strahlt in der demütigen Liebe. Wie viele Male schließlich haben wir als Kirche versucht, mit dem eigenen Licht zu scheinen! Aber wir sind nicht die Sonne der Menschheit. Wir sind der Mond, der, selbst mit seinem Schatten, das wahre Licht widerstrahlt, den Herrn. Die Kirche ist das mysterium lunae, und der Herr ist das Licht der Welt (vgl. Joh 9,5). Er, nicht wir.

Das Licht Gottes kommt zu dem, der es aufnimmt. Jesaja weist uns in der ersten Lesung darauf hin, dass das göttliche Licht die Finsternis und das Dunkel nicht daran hindert, die Erde zu bedecken (vgl. 60,2), sondern in demjenigen leuchtet, der bereit ist, es aufzunehmen. Darum spricht der Prophet eine Einladung aus, die jeden aufruft: »Steh auf, werde licht« (60,1). Es ist nötig aufzustehen, das heißt sich aus der eigenen sitzenden Lebensweise zu erheben und sich bereit zu machen zu gehen. Andernfalls bleibt man stehen wie die von Herodes befragten Schriftgelehrten, die wohl wussten, wo der Messias geboren wurde, sich aber nicht in Bewegung setzten. Und dann ist es nötig, sich mit Gott zu bekleiden, der das Licht ist, jeden Tag, bis Jesus unser alltägliches Gewand wird. Um aber das Gewand Gottes anzuziehen, das einfach ist wie das Licht, muss man zuerst die eigenen prunkvollen Kleider ablegen. Andernfalls handelt man wie Herodes, der den irdischen Glanz des Erfolges und der Macht dem göttlichen Licht vorgezogen hat. Die Weisen hingegen verwirklichen die Prophezeiung, sie stehen auf, um licht zu werden. Nur sie sehen den Stern am Himmel: nicht die Schriftgelehrten, nicht Herodes, niemand in Jerusalem. Um Jesus zu finden, muss man eine andere Route festlegen, einen alternativen Weg gehen, seinen Weg, den Weg der demütigen Liebe. Und man muss auf ihm bleiben. Denn das heutige Evangelium schließt damit ab, dass die Weisen nach ihrer Begegnung mit Jesus »auf einem anderen Weg heim in ihr Land« zogen (Mt 2,12). Ein anderer Weg, der sich von dem des Herodes unterscheidet. Einen von der Welt verschiedenen Weg, wie ihn die gegangen sind, die zu Weihnachten bei Jesus sind: Maria und Josef, die Hirten. Wie die Weisen haben sie ihre Wohnstätten verlassen und wurden zu Pilgern auf den Wegen Gottes. Nur wer die eigene Anhänglichkeit an die Welt verlässt, um sich auf den Weg zu machen, findet das Geheimnis Gottes.

Das gilt auch für uns. Es genügt nicht, wie die Schriftgelehrten zu wissen, wo Jesus geboren ist, wenn wir nicht dieses Wo erreichen. Es genügt nicht, wie Herodes zu wissen, dass Jesus geboren ist, wenn wir nicht ihm begegnen. Wenn sein Wo unser Wo wird, sein Wann unser Wann, seine Person unser Leben, dann erfüllen sich die Prophezeiungen an uns. Dann wird Jesus in uns geboren und er wird der lebendige Gott für mich. Heute, liebe Brüder und Schwestern, sind wir eingeladen, die Weisen nachzuahmen. Sie diskutieren nicht, nein, sie gehen; sie bleiben nicht stehen, um zu schauen, sondern treten in das Haus Jesu ein; sie stellen sich nicht in den Mittelpunkt, sondern werfen sich vor ihm nieder, der die Mitte ist; sie versteifen sich nicht auf ihre Pläne, sondern stellen sich darauf ein, andere Wege zu gehen. In ihrem Tun zeigt sich eine enge Verbindung zum Herrn, eine radikale Öffnung auf ihn hin, eine tiefe Beteiligung in ihm. Mit ihm gebrauchen sie die Sprache der Liebe, dieselbe Sprache, die Jesus schon als Kind spricht. Denn die Weisen gehen nicht zum Herrn, um zu empfangen, sondern um zu geben. Fragen wir uns: Haben wir zu Weihnachten Jesus zu seinem Fest ein Geschenk gebracht oder haben wir nur untereinander Geschenke ausgetauscht?

Wenn wir mit leeren Händen zum Herrn gekommen sind, können wir es heute wiedergutmachen. Das Evangelium zählt nämlich sozusagen eine kleine Geschenkliste auf: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das Gold, das als das kostbarste Element gilt, erinnert daran, dass Gott der erste Platz gegeben werden muss. Er muss angebetet werden. Um aber dies zu tun, muss man selber auf den ersten Platz verzichten, sich für bedürftig halten und nicht meinen, sich selbst zu genügen. Dann ist da der Weihrauch, der die Beziehung zum Herrn symbolisiert, das Gebet, das wie ein Räucheropfer zu Gott aufsteigt (vgl. Ps 141,2). Wie aber der Weihrauch verbrannt werden muss, damit er duftet, so muss man für das Gebet ein wenig Zeit „verbrennen“, sie für den Herrn aufwenden. Und man muss es wirklich tun, nicht bloß sagen. In Bezug auf das Tun ist da die Myrrhe, eine Salbe, die verwendet werden wird, um nach der Kreuzabnahme den Leichnam des Herrn liebevoll einzuwickeln (vgl. Joh 19,39). Der Herr möchte, dass wir uns um die vom Leiden mitgenommenen Körper kümmern, um die schwächsten Glieder seines Leibes, um den, der auf der Strecke geblieben ist, um den, der nur empfangen kann, ohne etwas materiell zurückgeben zu können. Wertvoll ist in den Augen Gottes die Barmherzigkeit gegenüber dem, der nichts zurückgeben kann, die Unentgeltlichkeit! Wertvoll ist in den Augen Gottes die Unentgeltlichkeit! In dieser zu Ende gehenden Weihnachtszeit lasst uns nicht die Gelegenheit verpassen, unserem König ein schönes Geschenk zu machen. Er ist für alle gekommen, nicht auf den prächtigen Bühnen der Welt, sondern in der strahlenden Armut von Betlehem. Wenn wir dies tun, wird sein Licht über uns leuchten.

 



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