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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
NACH MOSAMBIK, MADAGASKAR UND MAURITIUS
(4.- 10. SEPTEMBER 2019)

BEGEGNUNG MIT DEN BISCHÖFEN MADAGASKARS

ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS

Kathedrale von Andohalo (Antananarivo)
Samstag, 7. September 2019

[Multimedia]


 

Danke, Herr Kardinal, für Ihre Begrüßungsworte im Namen aller Mitbrüder. Ich bin auch dankbar dafür, weil Sie in ihren Worten beschrieben haben, wie sich die Sendung, welche wir zu leben beabsichtigen, inmitten von Widersprüchen vollzieht: Dies ist ein Land, das in vieler Hinsicht reich ist und doch gibt es viel Armut; es hat eine Kultur und eine Weisheit, die es von den Vorfahren ererbt hat und die das Leben und die Würde der menschlichen Person hochschätzt, aber auch Ungleichheit und Korruption zulässt. Die Aufgabe des Hirten ist unter diesen Umständen schwierig. Auch was die Unausgewogenheit betrifft: Der Hirte riskiert es, nach einer Seite zu gehen und die Anderen allein zu lassen. Und auch was die Korruption betrifft. Ich sage nicht, dass der Hirte automatisch korrupt wird, aber es besteht eine Gefahr zu sagen: „Ich werde dieses Werk in Angriff nehmen und jenes andere …“ und am Ende wird man zum Geschäftemacher. Oder einen Handel zu machen, dann einen anderen und wieder einen anderen … und am Ende ist jener gute Hirte schmutzig und korrupt geworden. Das kommt vor, immer wieder. In der Welt gibt es das. Haltet die Augen offen!

„Sämann des Friedens und der Hoffnung“ – lautet das Thema dieses Besuchs, das die uns anvertraute Sendung gut widergibt. Tatsächlich sind wir Sämänner, und wer Samen aussäht, tut dies voller Hoffnung; er tut es, indem er sich auf seine eigenen Anstrengungen und seinen eigenen persönlichen Einsatz verlässt, aber er weiß darum, dass viele Faktoren zusammenkommen müssen, damit der Samen keimt, wächst, zu einer Weizenähre und schließlich zu reichlich Getreide wird. Der müde und besorgte Sämann lässt sich nicht entmutigen. Dieses Wort sollte uns immer begleiten, sei es im aktiven oder im kontemplativen Leben, wie wir heute gesehen haben [bei der Begegnung mit den Klausurschwestern]: Mutig voran! Mensch, habe Mut! Der Lebensmut. Der müde und besorgte Sämann lässt sich nicht entmutigen; er gibt nicht auf, und noch weniger verbrennt er sein Feld, wenn etwas schief läuft... Er kann warten, er ist zuversichtlich; er erträgt die Enttäuschung, wenn der Samen nicht aufgeht, aber er hört nie auf, das seiner Sorge anvertraute Feld zu lieben. Auch wenn er die Versuchung dazu verspürt, läuft er nicht weg, um es einem anderen anzuvertrauen.

Der Sämann kennt sein Land, „berührt“ es, er „fühlt“ es und bereitet es so vor, dass es das Bestmögliche geben kann. Wir Bischöfe sind nach dem Bild des Sämannes berufen, die Samen des Glaubens und der Hoffnung auf diese Erde zu säen. Dazu müssen wir diesen „Spürsinn“ entwickeln, der es uns ermöglicht, diese Erde besser zu kennen und auch herauszufinden, was das Saatgut gefährdet, behindert oder beschädigt. Der Spürsinn des Hirten. Der Hirte mag sehr intelligent sein, er mag akademische Titel haben, er mag an vielen internationalen Kongressen teilgenommen haben, alles wissen, alles studiert haben; er mag auch gütig sein, ein lieber Mensch, doch wenn ihm der Spürsinn fehlt, kann er nie ein guter Hirte sein. Der Spürsinn. Deshalb haben die Hirten »unter Berücksichtigung der Beiträge der verschiedenen Wissenschaften das Recht, Meinungen über all das zu äußern, was das Leben der Menschen betrifft, da die Evangelisierungsaufgabe eine ganzheitliche Förderung jedes Menschen einschließt und verlangt. Man kann nicht behaupten, die Religion müsse sich auf den Privatbereich beschränken und sie existiere nur, um die Seelen auf den Himmel vorzubereiten. – Das ist die „Weisheit“, die uns die neoliberale Aufklärung hinterlassen hat: Wir haben auch für das Volk gearbeitet, ja, alles für das Volk, aber nichts mit dem Volk! Ohne Beziehung zum Volk, ohne Spürsinn … Der wahre Hirte ist dagegen inmitten seines Volkes, er ist umgeben von Menschen, umhüllt von der Liebe seiner Leute, weil er sie versteht. – Wir wissen, dass Gott das Glück seiner Kinder, obwohl sie zur ewigen Fülle berufen sind, auch auf dieser Erde wünscht, denn er hat alles erschaffen, „damit sie sich daran freuen können” (1Tim 6,17), damit alle sich daran freuen können. Daraus folgt, dass die christliche Umkehr verlangt, „besonders […] all das zu überprüfen, was das Sozialwesen ausmacht und zur Erlangung des Allgemeinwohls beiträgt”. Folglich kann niemand von uns verlangen, dass wir die Religion in das vertrauliche Innenleben der Menschen verbannen, ohne jeglichen Einfluss auf das soziale und nationale Geschehen, ohne uns um das Wohl der Institutionen der menschlichen Gemeinschaft zu kümmern, ohne uns zu den Ereignissen zu äußern, die die Bürger angehen« (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 182-183). Der Hirte inmitten seines Volkes. Der Hirte, der die Sprache seines Volkes versteht. Der Hirte, der vom Volk „eingesalbt“ ist – dem Volk, dem er dient, dessen Diener er ist.

Ich weiß, dass es viele Gründe gibt, sich zu sorgen, und dass ihr unter anderem in euren Herzen die Verantwortung tragt, die Würde eurer Brüder und Schwestern zu schützen, die eine immer solidarischere und wohlhabendere Nation aufzubauen suchen, die über solide und stabile Institutionen verfügt. Kann ein Hirte, der diesen Namen verdient, den Herausforderungen, mit denen seine Landsleute aller sozialen Schichten konfrontiert sind, gleichgültig bleiben, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit? Kann ein Hirte von der Art Jesu gleichgültig sein gegenüber dem Leben der ihm anvertrauten Menschen?

Die prophetische Dimension, die mit der Sendung der Kirche verbunden ist, erfordert überall und immer eine Unterscheidung, die im Allgemeinen nicht einfach ist. In diesem Sinne ist eine reife und unabhängige Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat eine ständige Herausforderung, denn die Gefahr fragwürdiger Übereinkünfte ist nie gering, besonders, wenn dabei der „Biss des Evangeliums“ verloren geht. Indem wir immer auf das hören, was der Geist den Kirchen unaufhörlich sagt (vgl. Offb 2,7), werden wir den Fallstricken entkommen und das Ferment des Evangeliums freisetzen können für eine fruchtbare Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft auf der Suche nach dem Gemeinwohl. Das markante Zeichen dieser Unterscheidung wird sein, dass die Verkündigung des Evangeliums eure Sorge um alle Formen der Armut einschließt: nicht nur »allen die Nahrung oder eine „menschenwürdige Versorgung“ zu sichern, sondern dass sie einen „Wohlstand in seinen vielfältigen Aspekten“ erreichen. Das schließt die Erziehung, den Zugang zum Gesundheitswesen und besonders die Arbeit ein, denn in der freien, schöpferischen, mitverantwortlichen und solidarischen Arbeit drückt der Mensch die Würde seines Lebens aus und steigert sie. Der gerechte Lohn ermöglicht den Zugang zu den anderen Gütern, die zum allgemeinen Gebrauch bestimmt sind« (Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium, 192).

Die Verteidigung der menschlichen Person ist eine weitere Dimension unseres pastoralen Engagements. Um Hirten nach dem Herzen Gottes zu werden, müssen wir die Ersten sein, die sich dafür entscheiden, den Armen das Evangelium zu verkünden: »Es dürfen weder Zweifel bleiben, noch halten Erklärungen stand, die diese so klare Botschaft schwächen könnten. Heute und immer gilt: „Die Armen sind die ersten Adressaten des Evangeliums“, und die unentgeltlich an sie gerichtete Evangelisierung ist ein Zeichen des Reiches, das zu bringen Jesus gekommen ist. Ohne Umschweife ist zu sagen, dass – wie die Bischöfe Nordost-Indiens lehren – ein untrennbares Band zwischen unserem Glauben und den Armen besteht. Lassen wir die Armen nie allein!« (ebd., 48). Mit anderen Worten, wir haben eine besondere Verpflichtung, den Armen, Ausgestoßenen und Kleinen, sowie den Kindern und den besonders verletzlichen Menschen, die Opfer von Ausbeutung und Missbrauch wurden, nahe zu sein und sie zu schützen. Sie sind heute Opfer der Wegwerf-Kultur. Die Weltlichkeit hat uns dazu geführt, in die Sozialprogramme, in die Entwicklungsprogramme, das Wegwerfen als Möglichkeit einzufügen: das Wegwerfen dessen, der geboren werden soll, und das Wegwerfen dessen, der im Sterben liegt, um die Abreise zu beschleunigen.

Dieses riesige Feld wird durch den prophetischen Geist nicht nur frei und urbar gemacht, sondern wartet auch auf den Samen, der mit christlicher Geduld in den Boden gesät wird, in dem Bewusstsein, dass wir weder Kontrolle noch Verantwortung für den gesamten Prozess haben. Ein Hirte, der sät, vermeidet es, alles zu kontrollieren. Das kann man nicht. Der Sämann geht nicht jeden Tag auf das Feld und gräbt die Erde um, um zu sehen, ob der Weizen wächst. Der Hirte vermeidet es, alles zu kontrollieren – die Kontrolleure verhindern das Wachstum! –, er gibt Initiativen Raum, er lässt Wachstum zu ungleichen Zeiten zu – nicht alles wächst gleich schnell –, und er sucht keine Gleichförmigkeit: die Gleichförmigkeit ist nicht das Leben; das Leben ist vielfältig, jeder hat seine eigene Seinsweise, seine eigene Weise zu wachsen, seine eigene Weise, Mensch zu sein. Die Gleichförmigkeit ist nicht der christliche Weg. Der wahre Hirte erhebt keine unvernünftigen Ansprüche und verachtet scheinbar magerere Ergebnisse nicht: „Diesmal ist es nicht so gut gelaufen – ruhig bleiben und weiter! Das nächste Mal wird es besser“. Er versteht immer, die Ergebnisse so zu nehmen, wie sie kommen. Erlaubt mir, dass ich euch sage, welches Bild mir manchmal in den Sinn kommt, wenn ich an das Leben eines Hirten denke. Der Hirte muss das Leben dort nehmen, wo es herkommt und mit den Ergebnissen, die auf ihn zukommen. Der Hirte ist wie der Torwart; er nimmt den Ball dort, wo er hingeschossen wird. Er versteht es, sich zu bewegen, er weiß, die Situation so anzunehmen, wie sie kommt. Man kann die Sachen später korrigieren, aber im Augenblick nimmt er das Leben, wie es kommt. Das ist Hirtenliebe. Das spricht von einer Treue zum Evangelium, die auch uns zu Hirten macht, die dem Volk Gottes nahe sind, angefangen bei unseren Brüdern im Priesteramt, die unsere engsten Brüder sind und denen unsere besondere Fürsorge gelten muss.

Der Hirte soll Nähe zu Gott haben, zu seinen Priestern und soll dem Volk nahe sein. Die drei „Nähen“ des Hirten. Gott nahe sein im Gebet. Vergessen wir nicht die Situation, als die Apostel die Diakone „erfinden“ – das habe ich schon oft erzählt –; da sagt Petrus, um die neue Erfindung der Diakone zu erklären: »Wir [Apostel] aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben« (Apg 6,4). Die erste Aufgabe des Hirten ist Beten. Jeder von euch frage sich: Bete ich? Wie oft? Wie? Nähe zu Gott. Dann die Nähe zu den Priestern: Die Priester sind die, die dem Bischof am allernächsten sind. „Ich habe den Bischof angerufen; die Sekretärin hat den Anruf angenommen und gesagt, dass es in den nächsten drei Monaten für einen Termin mit mir nichts frei ist“. Ein brüderlicher Rat: Wenn du feststellst, dass deine Sekretärin auf der Telefonliste den Anruf eines Priesters hinterlassen hat, ruf ihn am gleichen Tag an oder spätestens einen Tag später. Vielleicht hast du keine Zeit, ihn zu empfangen, aber ruf ihn an. Jener Priester wird erfahren, dass er einen Vater hat! Und die dritte Nähe: Die Nähe zum Volk. Der Hirte, der sich vom Volk entfernt, der den Spürsinn für das Volk verliert, endet als „Monsieur l’Abbé“, ein Funktionär des Hofes, … des päpstlichen Hofes; er ist wichtig, aber am Ende immer vom Hofe, und das dient zu nichts.

Vor einiger Zeit habe ich den italienischen Bischöfen mein Anliegen vorgetragen, unsere Priester mögen in ihrem Bischof die Gestalt des älteren Bruders und des Vaters sehen können, der sie auf ihrem Weg ermutigt und unterstützt (vgl. Ansprache vor der italienischen Bischofskonferenz, 20. Mai 2019). Darin besteht die geistliche Vaterschaft, die den Bischof drängt, seine Priester nicht verwaisen zu lassen, und die dann „mit Händen zu greifen“ ist, wenn er die Fähigkeit besitzt, allen Priestern seine Türen zu öffnen und sie auch aufzusuchen, um sie zu begleiten, wenn sie einen Moment der Schwierigkeiten durchlaufen.

In den Freuden und Schwierigkeiten, die ihrem Dienst innewohnen, müssen die Priester in euch, liebe Bischöfe, Väter finden, die immer verfügbar sind, die wissen, wie man ermutigt und unterstützt, die fähig sind, Bemühungen zu würdigen und mögliche Fortschritte zu begleiten. Das Zweite Vatikanische Konzil machte zu diesem Punkt eigens eine Anmerkung: »Mit besonderer Liebe seien sie [die Bischöfe] jederzeit den Priestern zugetan, die ja für ihren Teil die Aufgaben und Sorgen der Bischöfe übernehmen und in täglicher Mühewaltung so eifrig verwirklichen. Sie sollen sie als Söhne und Freunde betrachten. Deshalb sollen sie sie bereitwillig anhören und sich durch ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihnen um den Fortschritt der gesamten Seelsorgsarbeit in der ganzen Diözese bemühen« (Dekret Christus Dominus, 16).

Die Pflege des Ackerbodens impliziert auch ein geduldiges Abwarten von Prozessen. Der Hirte kann die Prozesse abwarten. Und während der Ernte beurteilt der Landwirt auch die Qualität der Arbeiter. Dies legt euch als Hirten eine dringende Pflicht auf – ich spreche hier von der Qualität der Arbeiter – eine dringende Pflicht zur Begleitung und Unterscheidung, insbesondere was die Berufungen zum geweihten Leben und zum Priestertum betrifft. Solche ist grundlegend, um die Echtheit dieser Berufungen zu garantieren. Wohlgemerkt: Darauf gebt Acht! Lasst euch nicht irreführen vom Bedarf und von der Zahl: „Wir brauchen Priester, und weil ich sie brauche, nehme ich sie, ohne dass ich ihre Berufung prüfe“. Ich weiß nicht, vielleicht ist das bei euch nicht so üblich, weil ihr viele Berufungen habt. Deshalb habt ihr eine gewisse Freiheit, ruhig mit der Einschätzung und Unterscheidung zu verfahren. Doch in einigen europäischen Ländern ist die Lage beklagenswert: Das Fehlen von Berufungen treibt den Bischof dazu, von hier und von dort zu nehmen, aber ohne auf das Leben zu schauen, wie es geführt wurde. Sie nehmen Männer, die aus anderen Seminaren „weggejagt“ oder vom Ordensleben entlassen wurden, die aus moralischen Gründen „wegmussten“ oder wegen anderer Mängel. Passt bitte auf! Lasst nicht den Wolf in die Herde einbrechen. Die Ernte ist reichlich vorhanden, und der Herr – der nichts anderes wollen kann als authentische Arbeiter – lässt sich nicht einschränken in seinen Möglichkeiten, um zur großherzigen Hingabe des eigenen Lebens aufzurufen und anzuregen. Nach der Auswahl soll die Ausbildung der Kandidaten für das Priesteramt und das gottgeweihte Leben gerade die Reifung und Reinigung der Absichten gewährleisten. In diesem Zusammenhang möchte ich im Geiste des Apostolischen Schreibens Gaudete et exsultate betonen, dass die grundlegende Berufung, ohne die allen anderen Berufungen der Existenzgrund fehlt, der Ruf zur Heiligkeit ist und dass diese »Heiligkeit das schönste Gesicht der Kirche« ist (Nr. 9). Ich schätze eure Bemühungen, die Ausbildung authentischer und heiliger Arbeiter für die reiche Ernte im Weinberg des Herrn zu gewährleisten.

Zudem mochte ich noch ein anderes Verhalten unterstreichen, das mir nicht gefällt, weil es nicht von Gott kommt: Das ist die Strenge. Heute ist es zur Mode geworden – ich weiß nicht, wie es hier ist, aber anderswo – da ist es üblich, strenge Menschen anzutreffen. Junge harte Priester, die mit der Strenge Heil vermitteln wollen – ich weiß nicht warum –, doch sie legen ein starres Verhalten an den Tag, manchmal als Gestalten – verzeiht mir! – wie aus dem Museum. Sie haben Angst vor allen Situationen, sie sind starr. Gebt Acht und bedenkt, dass sich unter jeder Starrheit große Probleme verbergen.

Diese Bemühungen müssen sich auch auf das weite Feld der Laien erstrecken; auch die Laien sind zur Ernte ausgesandt, sind aufgerufen, am Fischfang teilzunehmen, ihre Netze und ihre Zeit einzusetzen mit ihrem »vielfältigen Apostolat sowohl in der Kirche als auch in der Welt« (Zweites Vatikanisches Konzil, Dekret Apostolicam actuositatem, 9). Mit all ihrer Reichweite, ihren Problemen und Veränderungen stellt die Welt den spezifischen Bereich des Apostolats dar, in dem diese mit Großzügigkeit und Verantwortung zu arbeiten berufen sind und das Ferment des Evangeliums hineintragen sollen. Deshalb möchte ich euch zu all den Initiativen beglückwünschen, die ihr als Hirten ergreift, um Laien auszubilden – Danke dafür! – und sie nicht allein zu lassen in der Mission, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein, um zur Verwandlung der Gesellschaft und der Kirche in Madagaskar beizutragen. Und vergesst nicht: Bitte klerikalisiert die Laien nicht. Die Laien sind Laien. In meiner früheren Diözese hörte ich Vorschläge wie diesen: „Herr Bischof, ich habe in der Pfarrgemeinde einen wunderbaren Laien: Er arbeitet und organisiert alles … Können wir ihn nicht zum Diakon machen?“ Lass ihn in Ruhe, ruiniere ihm nicht das Leben, lass ihn Laie sein. Und was die Diakone betrifft: Sie leiden oft an der Versuchung des Klerikalismus, sie fühlen sich als verhinderte Priester oder Bischöfe … Nein! Der Diakon ist Wächter im Dienst der Kirche. Bitte stellt die Diakone nicht auf dem Altar aus. Sie sollen ihre Arbeit draußen machen, in ihrem Dienst. Sie sollen in die Mission gehen um zu taufen. Dass sie taufen ist in Ordnung. Aber in ihrem Dienst, nicht als verhinderte Priester.

Liebe Mitbrüder, all diese Verantwortung auf dem Acker Gottes muss uns provozieren, unsere Herzen und unseren Geist zu öffnen, die Angst, die zur Verschlossenheit führt, zu vertreiben und die Versuchung zu überwinden, uns abzusondern: Der brüderliche Dialog zwischen euch – er ist wichtig! – sowie der Austausch von Gaben und die Zusammenarbeit zwischen den Teilkirchen des Indischen Ozeans, seien ein Weg der Hoffnung. Dialog und Zusammenarbeit. Die Ähnlichkeit der pastoralen Herausforderungen wie etwa der Schutz der Umwelt in einem christlichen Geist oder das Problem der Einwanderung erfordert gemeinsame Überlegungen und eine Synergie groß angelegter Aktionen für einen wirksamen Ansatz.

Schließlich möchte ich durch euch in besonderer Weise die Priester, Ordensmänner und Ordensfrauen grüßen, die krank sind oder an Altersschwäche leiden. Ich stelle euch eine Gewissensfrage: „Gehe ich sie besuchen?“ Ich bitte euch, ihnen meine Zuneigung und Nähe im Gebet auszudrücken, sie liebevoll zu pflegen und sie zu bestärken in ihrem schönen Auftrag für andere zu beten.

Zwei Frauen beschützen diese Kathedrale: In der Kapelle hier nebenan ruhen die Reliquien der seligen Victoire Rasoamanarivo, die in schwierigen Zeiten Gutes tun sowie den Glauben verteidigen und verbreiten konnte; und vor allem ist da das Bild der Jungfrau Maria, die mit ihren zum Tal und den Hügeln hin geöffneten Armen alles zu umspannen scheint. Bitten wir sie, unsere Herzen immer zu weiten und uns das mütterliche Mitgefühl zu lehren, das Gott angesichts der Vergessenen dieser Welt empfindet. Sie möge uns helfen, Frieden und Hoffnung zu säen.

Als Zeichen meiner herzlichen und treuen Unterstützung segne ich euch als Bruder und dehne diesen Segen auf eure Bistümer aus.

Bitte vergesst nicht für mich zu beten und andere für mich beten zu lassen!

 



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