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JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 3. April 2002

 

Lesung: Psalm 97, 1 –2. 5 –6. 11 –12 1. 

Liebe Schwestern und Brüder!

1. Das Licht, die Freude und der Friede, die in der Osterzeit die Gemeinschaft der Jünger Christi durchströmen und sich in der ganzen Schöpfung ausbreiten, prägen unsere heutige Begegnung, die in der intensiven Atmosphäre der Osteroktav stattfindet. Es ist der Triumph Christi über das Böse und den Tod, den wir in diesen Tagen feiern. Durch seinen Tod und seine Auferstehung wird das von Gott gewollte Reich der Gerechtigkeit und Liebe errichtet. 

Die heutige Katechese, die sich mit dem Psalm 97 befaßt, ruft eben dieses Thema des Reiches Gottes in Erinnerung. Der Psalm beginnt mit dem feierlichen Spruch: »Der Herr ist König. Die Erde frohlocke. Freuen sollen sich die vielen Inseln.« Er klingt wie eine Verherrlichung des göttlichen Königs, des Herrn des Kosmos und der Geschichte. Wir könnten also sagen, daß wir einen »österlichen« Psalm vor uns haben. . 

Wir wissen, welche Bedeutung die Ankündigung des Reiches Gottes in Jesu Verkündigung hatte. Es ist nicht nur die Anerkennung der Abhängigkeit der geschaffenen Wesen gegenüber dem Schöpfer; es ist auch die Überzeugung, daß nach Gottes Willen ein Plan, ein Projekt, ein Leitfaden von Harmonie und Gutem in die Geschichte eingewoben sind. All das hat sich im Ostern des Todes und der Auferstehung Jesu voll verwirklicht. 

2. Betrachten wir jetzt den Psalmtext, den uns die Liturgie in den Laudes vorlegt. Gleich nach dem Ruf zum Herrn, dem König, der wie ein Trompetenstoß klingt, öffnet sich vor dem Beter eine großartige göttliche Epiphanie. Indem er Zitate oder Anspielungen auf andere Teile von Psalmen oder Schriften der Propheten, besonders von Jesaja, benützt, beschreibt der Psalmist das Erscheinen des Großen Königs auf der Weltbühne, der von einer Reihe von kosmischen Dienern oder Helfern umgeben wird: den Wolken, der Finsternis, dem Feuer, den Blitzen. 

Neben ihnen personifiziert eine weitere Reihe von Dienern sein Handeln in der Geschichte: die Gerechtigkeit, das Recht, die Herrlichkeit. Ihr Auftritt läßt die ganze Schöpfung erbeben. Die Erde frohlockt an allen Orten, einschließlich der Inseln, die als die entferntesten Bereiche galten (vgl. Ps 97, 1). Der ganze Erdkreis wird von Blitzen erhellt und von einem Erdbeben erschüttert (vgl. V. 4). Die Berge, die der biblischen Kosmologie zufolge die ältesten und solidesten Wirklichkeiten bilden, schmelzen, als wären sie aus Wachs (vgl. V. 5), wie schon der Prophet Micha gesungen hat: »Seht, der Herr verläßt seinen erhabenen Ort … Die Berge zerschmelzen unter ihm wie Wachs in der Hitze des Feuers; die Talgründe werden aufgerissen« (Mi 1, 3 – 4). Die Himmel sind erfüllt von Engelshymnen, die die Gerechtigkeit rühmen, das heißt das vom Herrn vollbrachte Heilswerk für die Gerechten. Die ganze Menschheit schaut das Offenbarwerden der göttlichen Herrlichkeit, das heißt der geheimnisvollen Wirklichkeit Gottes (vgl. Ps 97, 6), während die »Feinde«, das heißt die Sünder und die Ungerechten, vor der unwiderstehlichen Kraft des Gerichtes des Herrn weichen (vgl. V. 3). 

3. Nach der Theophanie des Herrn des Weltalls beschreibt der Psalm zwei Arten der Reaktion angesichts des Großen Königs und seines Eintritts in die Geschichte. Auf der einen Seite stürzen die Götzendiener und Götzenbilder zerstört und besiegt zu Boden; auf der anderen Seite stimmen die Gläubigen, die sich in Zion zum Gottesdienst zu Ehren des Herrn versammelt haben, voll Freude einen Lobgesang an. Die Darstellung derer, »die Bildern dienen« (vgl. V. 7 – 9), ist bedeutsam: Die Götzen werfen sich vor dem einzigen Gott nieder, und ihre Anhänger werden zuschanden. Die Gerechten freuen sich über das göttliche Gericht, das die Lüge und die falsche Religiosität ausmerzt, die Quelle des moralischen Elends und der Knechtschaft sind. Sie stimmen ein leuchtendes Glaubensbekenntnis an: »Denn du, Herr, bist der Höchste über der ganzen Erde, hoch erhaben über alle Götter« (V. 9). 

4. Dem Bild, das den Sieg über die Götzen und ihre Anbeter beschreibt, wird der – wir möchten sagen – herrliche Tag der Gläubigen entgegengestellt (vgl. V. 10 –12). Denn es ist die Rede von einem Licht, das den Gerechten erstrahlt (vgl. V. 11): Es scheint, als ginge eine Morgenröte der Freude, des Festes, der Hoffnung auf, auch weil bekanntlich das Licht ein Symbol für Gott ist (vgl. 1 Joh 1, 5). 

Der Prophet Malachia erklärte: »Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen« (Ml 3, 20). Zum Licht kommt die Glückseligkeit hinzu: ». …Freude den Menschen mit redlichem Herzen. Ihr Gerechten, freut euch am Herrn, und lobt seinen heiligen Namen« (Ps 97, 11 –12). 

Das Reich Gottes ist Quelle des Friedens und der Freude und löscht das Reich der Finsternis aus. Eine zeitgenössische jüdische Gemeinde Jesu sang: »Die Gottlosigkeit weicht der Gerechtigkeit, wie die Finsternis dem Licht weicht; die Gottlosigkeit wird für immer verschwinden, und die Gerechtigkeit wird sich wie die Sonne als Beginn der Ordnung der Welt erweisen« (Buch der Geheimnisse von Qumran:1 Q 27, I, 5 –7). 

5. Bevor wir unsere Betrachtung von Psalm 97 abschließen, ist es wichtig, in ihm neben dem Antlitz des Herrn, des Königs, auch das des Gläubigen zu finden. Es wird mit sieben Merkmalen als Zeichen der Vollkommenheit und Fülle beschrieben. Diejenigen, die das Kommen des großen göttlichen Königs erwarten, das Böse hassen, den Herrn lieben, sind die Hasidim, das heißt die Frommen (vgl. V. 10); sie gehen den Weg der Gerechtigkeit, haben ein redliches Herz (vgl. V. 11), freuen sich an den Werken Gottes, danken und preisen den heiligen Namen des Herrn (vgl. V. 12). Bitten wir den Herrn, daß diese geistlichen Züge auch auf unserem Gesicht zu erkennen sind. 


Große Freude erfüllt die Herzen aller Gläubigen in diesen Tagen der Osteroktav. Wir feiern den strahlenden Sieg des auferstandenen Christus über die Mächte des Bösen und des Todes. Diese Freude findet ihren Widerklang in Psalm 97, ein Triumphlied auf Gott, der sich in Jesus Christus als Herr der Geschichte und Fürst des Friedens offenbart. 

Das Osterereignis bringt den unvergänglichen Glanz des neuen Lebens der Auferstehung in unsere Welt. Wo Christus herrscht, erhellen Gerechtigkeit und Recht die Völker. Als Menschen, die sich von seinem Licht ergreifen und führen lassen, stimmen wir frohen Herzens ein in den Gesang des Psalmisten: „Die Erde frohlocke. Ihr Gerechten, freut euch am Herrn, und lobt seinen heiligen Namen!" (Ps 97, 1. 12). 

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Mit diesen österlichen Gedanken grüße ich von Herzen alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache. In besonderer Weise heiße ich eine Gruppe von Dozenten und Studierenden der Universität Erfurt willkommen. Euch allen und Euren Lieben daheim sowie denen, die mit uns über Radio Vatikan und das Fernsehen verbunden sind, erteile ich gerne den Apostolischen Segen. 

  



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