Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - ES  - FR  - HR  - IT  - PT ]

JOHANNES PAUL II.

GENERALAUDIENZ

Mittwoch, 26. Mai 2004

    

Lesung: Offb 11,16–18; 12,10–12

Die siebte Posaune: 11,15–19
16 Und die vierundzwanzig Ältesten, die vor Gott auf ihren Thronen sitzen, warfen sich nieder, beteten Gott an
17 und sprachen: Wir danken dir, Herr, Gott und Herrscher über die ganze Schöpfung, der du bist und der du warst; denn du hast deine große Macht in Anspruch genommen und die Herrschaft angetreten.
18 Die Völker gerieten in Zorn. Da kam dein Zorn und die Zeit, die Toten zu richten: die Zeit, deine Knechte zu belohnen, die Propheten und die Heiligen und alle, die deinen Namen fürchten, die Kleinen und die Großen, die Zeit, alle zu verderben, die die Erde verderben.

Der Sturz des Drachen: 12,7–12
10 Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Herrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten; denn gestürzt wurde der Ankläger unserer Brüder, der sie bei Tag und bei Nacht vor unserem Gott verklagte.
11 Sie haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes und durch ihr Wort und Zeugnis; sie hielten ihr Leben nicht fest, bis hinein in den Tod.
12 Darum jubelt, ihr Himmel und alle, die darin wohnen. Weh aber euch, Land und Meer! Denn der Teufel ist zu euch hinabgekommen; seine Wut ist groß, weil er weiß, daß ihm nur noch eine kurze Frist bleibt.

1. Das Canticum, das wir soeben zum »Herrn, Gott und Herrscher« erhoben haben und das uns in der Liturgie der Vesper vorgestellt wird, ist entstanden durch die Auswahl einiger Verse aus den Kapiteln 11 und 12 der Offenbarung des Johannes. Es ist nunmehr die letzte der sieben Posaunen ertönt, von denen wir in diesem Buch des Kampfes und der Hoffnung hören. Daraufhin stimmen die vierundzwanzig Ältesten des himmlischen Hofstaates, die stellvertretend für alle Gerechten des Alten und des Neuen Bundes stehen (vgl. Offb 4,4;11,16), einen Hymnus an, der bereits bei den liturgischen Versammlungen der Urkirche verwendet wurde. Sie beten zu Gott, dem Herrscher über die Welt und Geschichte, der bereit ist, sein Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und der Wahrheit zu errichten.

In diesem Gebet spüren wir das Herz der Gerechten schlagen, die hoffnungsvoll das Kommen des Herrn erwarten: Er bringt Licht in die Wechselfälle der Menschheit, die so oft in der Finsternis der Sünde, Ungerechtigkeit, Lüge und Gewalt versinkt.

2. Der von den vierundzwanzig Ältesten angestimmte Gesang entfaltet sich vor dem Hintergrund zweier Psalmen: Psalm 2, der ein messianisches Lied ist (vgl. 2,1–5), und Psalm 99, der die Königswürde Gottes feiert (vgl. 99,1). Auf diese Weise wird das gerechte und entscheidende Urteil gepriesen, das der Herr über die gesamte menschliche Geschichte fällen wird.

Es gibt zwei Aspekte dieses heilbringenden Eingreifens, ebenso wie zwei Merkmale, die das Antlitz Gottes beschreiben. Ja, er ist Richter, aber auch Erlöser; er verurteilt das Böse, aber belohnt die Treue; er ist Gerechtigkeit, aber vor allem Liebe.

Bezeichnend ist die Identität der Gerechten, die nun im Reich Gottes Rettung finden. Sie werden in drei Gruppen von »Dienern« des Herrn unterteilt, nämlich die Propheten, die Heiligen und all jene, die seinen Namen fürchten (vgl. Offb 11,18). Es handelt sich hierbei um eine Art geistliches Porträt des Volkes Gottes, entsprechend den Gaben, die es bei der Taufe empfängt und in einem Leben des Glaubens und der Liebe erblühen läßt. Ein Profil, das sich in den Kleinen und den Großen abzeichnet (vgl. 19,5).

3. Unser Hymnus wurde, wie bereits erwähnt, auch unter Verwendung einiger Verse aus Kapitel 12 verfaßt, die sich auf eine großartige und ruhmreiche Szene aus der Offenbarung beziehen. In ihr stoßen die Frau, die den Messias geboren hat, und der Drache der Bosheit und Gewalt aufeinander. In diesem Zweikampf zwischen dem Guten und dem Bösen, der Kirche und dem Satan, erklingt plötzlich eine Stimme vom Himmel, die die Niederlage des »Anklägers« verkündet (vgl. 12,10). Dieser Name ist die Übersetzung des hebräischen Namens Satán, der einer Person gegeben wird, die gemäß dem Buch Ijob Mitglied des himmlischen Hofstaates Gottes ist, wo er zur »Staatsanwaltschaft« gehörte (vgl. Ijob 1,9–11; 2,4–5; Sach 3,1).

Er »[verklagte] unsere Brüder bei Tag und Nacht vor unserem Gott« und zog somit die Aufrichtigkeit des Glaubens der Gerechten in Zweifel. Nun wurde der satanische Drachen zum Schweigen gebracht und seine Niederlage gründet im »Blut des Lammes« (Offb 12,11), im Leiden und Tod Christi, des Erlösers.

Sein Sieg wird mit dem Blutzeugnis der christlichen Märtyrer in Zusammenhang gebracht. Die Gläubigen, die nicht zögerten, »… ihr Leben nicht fest[zuhalten], bis hinein in den Tod« (ebd.), haben tiefen Anteil am Erlösungswerk des Lammes. Wir denken dabei an die Worte Christi: »Wer an seinem Leben hängt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben« (Joh 12,25).

4. Der himmlische Solist, der dieses Canticum angestimmt hat, beschließt es, indem er den ganzen Chor der Engel einlädt, in diesen Hymnus der Freude über das empfangene Heil einzustimmen (vgl. Offb 12,12). Auch wir schließen uns dieser Stimme an durch unseren festlichen und hoffnungsvollen Dank, auch angesichts der Prüfungen, denen wir auf unserem Weg zur Herrlichkeit begegnen.

Wir tun dies, indem wir die Worte hören, die der heilige Märtyrer Polykarp an den »Herrn, Gott und Herrscher« richtete, als er in Fesseln zum Scheiterhaufen geführt wurde: »Herr, Gott, Herrscher des Alls, Vater deines geliebten und gepriesenen Knechtes Jesus Christus …, ich preise dich, daß du mich dieses Tages und dieser Stunde wert gehalten hast, daß ich unter der Schar der Märtyrer am Kelch deines Christus teilhaben darf zur Auferstehung des ewigen Lebens von Seele und Leib in Unverweslichkeit durch den Heiligen Geist. Mit einem reichen, von dir angenommenen Opfer möchte ich heute unter sie eingereiht werden, mit einem Opfer, wie du es mir im voraus bestimmt und verkündet hast und wie du es nun erfüllst, du wahrhaftiger Gott, der die Lüge nicht kennt. Dafür und für alles lobe ich dich. Ich preise und verherrliche dich mit dem ewigen Hohenpriester Jesus Christus im Himmel, deinem geliebten Sohn und Knecht. Durch ihn ist dir mit ihm und dem Heiligen Geist die Ehre jetzt und in Zukunft und in Ewigkeit. Amen.« (Atti e passioni dei martiri, Milano 1987, S. 23.)


Das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, zeigt in einer endzeitlichen Vision Gott als Richter und Retter. Auf ewig vernichtet der Herr das Böse; überreich belohnt er die Treue seiner Kinder. Seine Gerechtigkeit gründet in unerschöpflicher Liebe.

Erfüllt von Licht tritt der Erlöser am Ende der Tage erneut in die Geschichte ein. Vor seinem Angesicht werden die Taten eines jeden Menschen offenbar. Das Leben der Gerechten erscheint als Bild der Güte des Schöpfers. Sie nehmen teil an der Hingabe des Gotteslamms und gehen mit Christus ein in die himmlischen Freuden. In den Chor der Engel stimmt der Lobgesang der Erlösten ein: „Darum jubelt, ihr Himmel und alle, die darin wohnen!" (Offb 12, 12).

***

Mit Freude begrüße ich die Pilger und Besucher aus den deutschsprachigen Ländern. Gottes Güte ist grenzenlos. Sie inspiriert uns täglich neu zu froher Danksagung. Preist Gott, den Herrn, mit euren guten Werken! Sein Heiliger Geist gieße die Liebe in eure Herzen ein (vgl. Röm 5, 5). Sein Friede begleite euch allezeit.

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana