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SCHREIBEN VON JOHANNES PAUL II.
AN KARD. JOSEPH H
ÖFFNER

 

Meinem ehrwürdigen Bruder
Joseph Kardinal Höffner
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

In diesen Wochen der Vorbereitung auf das Osterfest, das Fest der Erlösung und der Versöhnung, richte ich an Euch, liebe Brüder und Schwestern, Bischöfe und Gläubige in der Bundesrepublik Deutschland, ein aufrichtiges Wort der Anerkennung und des Dankes. Anlaß dazu ist die Fastenaktion ”Misereor“, die Ihr in dieser österlichen Bußzeit zum 25. Male durchführt.

”Misereor“ habt Ihr Eure Aktion vor 25 Jahren genannt. Durch die Wahl dieses Namens bringt Ihr zum Ausdruck, daß Ihr Euren Beitrag zur menschlichen Entwicklung, zur Überwindung von Not, Ungerechtigkeit, Hunger und Krankheit in der Welt zutiefst als ein Werk Eures Glaubens und als Teilhabe an dem unendlichen göttlichen Erbarmen verstehen wollt, das uns in Jesus Christus geschenkt ist. Diese Verankerung Eurer Aktion im Glauben und ihre Verknüpfung mit der christlichen Tradition des Fastens war eine wegweisende Entscheidung. Sie war die Voraussetzung dafür, daß Eure Hilfe, die ihre Fragt aus der Bekehrung des Herzens und der Besinnung auf die wahre, in Christus geoffenbarte Würde des Menschen hat, für viele Millionen von Notleidenden und Unterdrückten zu einem christlichen Zeichen der Hoffnung werden konnte.

Die 25. Fastenaktion ”Misereor“ fällt zeitlich mit der Eröffnung des außerordentlichen Heiligen Jahres zusammen. Das Jubiläumsjahr der Erlösung, das wir zur Erinnerung an den Tod und die Auferstehung Christi vor 1950 Jahren feiern, soll für die ganze Kirche ein Jahr der Besinnung auf die versöhnende und Einheit stiftende Kraft der christlichen Botschaft sein. Es soll uns bereit machen zu Buße und Umkehr, zu einer weltweiten Bewegung für Versöhnung und Frieden.

Je mehr wir uns in das Geheimnis der Erlösung, in das Geheimnis Jesu Christi, seiner Menschwerdung, seines Todes und seiner Auferstehung vertiefen, um so mehr wird uns bewußt, wie unendlich groß Gottes Erbarmen mit jedem einzelnen Menschen und mit der ganzen Menschheit ist. Von Gott überreich beschenkt fühlen wir uns zugleich gedrängt und aufgefordert, seine Gaben auch an unsere notleidenden Brüder und Schwestern weiterzuschenken. Christus selbst hat gelehrt, ”daß der Mensch das Erbarmen Gottes nicht nur empfängt und erfährt, sondern auch berufen ist, an seinen Mitmenschen Erbarmen zu üben: «Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden»“ (Ioannis Pauli PP. II Dives in Misericordia, 14). 

Bei zahlreichen Begebenheiten, vor allem aber auf meinen Pastoralreisen, habe ich mich davon überzeugen können, daß Euer Fastenopfer und die Arbeit Eures Bischöflichen Hilfswerkes ”Misereor“ reiche Früchte tragen. Euer Bruderdienst schenkt vielen Menschen neuen Lebensmut. Den Schwesterlichen hilft Eure Solidarität, dem Auftrag des Evangeliums besser gerecht zu werden. Gemeinsam mit vielen anderen Fastenaktionen und Hilfswerken und in enger Zusammenarbeit mit dem Päpstlichen Rat ”Cor Unum“ leistet Ihr einen unverzichtbaren Beitrag dazu, daß mehr Menschen ihre von Gott geschenkte Würde erfahren und zu neuer Hoffnung und Lebensfreude gelangen können. Dies dient zugleich der sozialen Gerechtigkeit, der Versöhnung und dem Frieden und fördert die Einheit unter den Völkern und in der Kirche. Dafür möchte ich Euch von Herzen danken.

In vielen Ländern ist die Not der Menschen unsagbar groß, und an manchen Orten wird sie sogar von Tag zu Tag noch größer. Laßt deshalb nicht nach in Eurer Bereitschaft, dem Schwachen, Hungernden, Kranken und dem in seiner Würde verletzten Bruder beizustehen. Laßt nicht nach in Eurer Bereitschaft zum brüderlichen Teilen, auch wenn Euch im eigenen Land wirtschaftliche Schwierigkeiten, Arbeitslosigkeit und manch andere Nöte bedrängen. Erinnert Euch stets daran: Wer gibt, dem wird in Überfülle gegeben werden. Seid daher stets offen für die Weisheit und Werte der anderen Völker. Laßt Euch von ihnen auch in Eurem Glauben stärken. Ich bitte Euch, laßt uns gemeinsam und zu jeder Zeit Gottes Erbarmen anrufen und es durch Wort und Tat unaufhörlich verkünden, vor allem aber in dieser österlichen Bußzeit und während des nun beginnenden Heiligen Jahres.

”Misereor super turbam“ - ”Mich erbarmt der Menschen“.  Möge er, der einst diese Worte gesprochen hat, uns den tiefen Sinn des Erbarmens erschließen und uns helfen, seines Erbarmens würdig zu sein. Dazu erteile ich Euch, meinen Mitbrüdern im Bischofsamt und allen Gläubigen in der Bundesrepublik Deutschland, die das verdiente Hilfswerk ”Misereor“ in der Vergangenheit durch ihr persönliches Opfer getragen haben und auch weiter großzügig fördern, von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen.

Aus dem Vatikan, am 22. Februar 1983

IOANNES PAULUS PP. II

 

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