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BOTSCHAFT VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE TEILNEHMER DER 31. KONFERENZ
DER ERNÄHRUNGS- UND LANDWIRTSCHAFTSORGANISATION
DER VEREINTEN NATIONEN (FAO)

 

Herr Präsident,
Exzellenzen,

Herr Generaldirektor,
meine Damen und Herren,

Anläßlich der 31. Konferenz der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), die in diesen Tagen in Rom abgehalten wird, grüße ich Sie, meine Damen und Herren, sehr herzlich.

Ihr Treffen liegt zeitlich zwischen dem »Welternährungsgipfel« von 1996 und dem »Welternährungsgipfel – fünf Jahre danach«, der für Juni nächsten Jahres geplant ist. Ich meinerseits hoffe sehr, daß die Arbeiten der derzeitigen Konferenz zur Bekräftigung der hohen Zielsetzungen beitragen, die im Jahr 1996 festgelegt wurden, so daß trotz der schwierigen internationalen Lage die Welt erfahren kann, daß in diesem absolut lebensnotwendigen Bereich ein wirklicher Fortschritt gelungen ist.

Die ersten Seiten der Bibel beschreiben den üppigen Reichtum der Schöpfung und bekräftigen, daß dem Menschen alles Notwendige gegeben wurde, um ein Leben führen zu können, das eines Geschöpfes, welches als Abbild und Gleichnis Gottes geschaffen wurde, würdig ist (vgl. Gen 1, 26). Es ist daher ein untragbarer Zustand, daß Millionen von Personen auf der Welt unterernährt sind und Hunger leiden, denn die Erde ist imstande, ihnen das Lebensnotwendige zu geben. Die Ursache des Nahrungsmangels ist also anderswo zu suchen.

Im Buch Genesis legt Gott die Schöpfung in die Hände des Menschen (vgl. Gen, 26 –28), und in diese Richtung müssen wir schauen, wenn wir die derzeitigen Mißstände verstehen wollen. Es fehlt eine gerechte Verwaltung der Güter der Schöpfung, und daraus ist eine offensichtliche Ungleichheit in der Mitbeteiligung an den Ressourcen entstanden.

Ihre Konferenz möchte in dieser Hinsicht ein Zeichen der Hoffnung für die Welt sein: Sie will zeigen, daß es Menschen gibt, die entschlossen sind, eine verantwortliche und kreative Verwaltung auszuüben mit dem Ziel, »die Nahrungssicherheit« für jedes Mitglied der Menschheitsfamilie zu gewährleisten. Eine solche Zielsetzung gründet auf der Anerkennung der Tatsache, daß jeder Mensch das unveräußerliche Recht auf eine angemessene Ernährung hat und daß demzufolge alle Menschen, insbesondere die Verantwortlichen, die Pflicht haben, dafür zu sorgen, daß dieses Recht geachtet wird. Es ist ein Prinzip, das wir nicht nur auf die Einzelpersonen, sondern auch auf die Nationen anwenden sollten: Wenn die Menschen ihren Grundbedürfnissen nicht abhelfen können aufgrund von Krieg, Armut, einer schlechten Regierung oder Verwaltung oder auch aufgrund von Naturkatastrophen, haben die anderen die moralische Pflicht, ihnen zu Hilfe zu kommen.

Die Beseitigung des Hungers in der Welt erfordert den Willen, nicht nur über diese Situation zu diskutieren oder sie zu bedauern, sondern auch alle konkreten Initiativen zu ergreifen, die notwendig erscheinen, um das Problem in wirksamer und dauerhafter Weise anzugehen. Eine jener Initiativen, die ich in besonderer Weise ermutigen möchte, ist die von den reicheren Nationen getroffene Entscheidung, einen Teil ihres Bruttosozialprodukts für die Entwicklung der ärmeren Länder zur Verfügung zu stellen und alle nur möglichen Anstrengungen zu unternehmen, um die Last ihrer Auslandsverschuldung zu verringern. Man muß diese Bemühungen fortsetzen, auch wenn dringende Notwendigkeiten auf nationaler oder internationaler Ebene dazu führen sollten, hierauf zu verzichten.

Infolge der fürchterlichen Ereignisse vom 11. September wurde eingehend über die Gerechtigkeit und Dringlichkeit diskutiert, den Ungerechtigkeiten abzuhelfen. In der religiösen Perspektive ist die Ungerechtigkeit jenes radikale Ungleichgewicht, bei dem der Mensch sich gegen Gott und gegen den eigenen Bruder auflehnt, so daß in den menschlichen Beziehungen Unordnung herrscht. Umgekehrt ist die Gerechtigkeit jene vollkommene Harmonie zwischen Gott, dem Menschen und der Welt, die die Bibel als Paradies beschreibt. Viele Ungerechtigkeiten in der Welt verwandeln die Erde in eine Wüste: Die schlimmste all dieser Ungerechtigkeiten ist der Hunger, unter dem Tausende von Personen leiden, mit den unausweichlichen Auswirkungen auf die Problematik des Friedens unter den Nationen. Hat nicht Papst Paul VI. im Jahr 1967 erklärt, daß Entwicklung der neue Name für Friede sei (vgl. Populorum progressio, n. 76 –77)? Seitdem haben sich seine Worte immer mehr bewahrheitet. Die Entwicklung hat viele Aspekte, aber der vorrangigste ist der Entschluß, für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind den Zugang zur Nahrung zu sichern, derer sie bedürfen. Darum zielt Ihre Konferenz nicht nur auf die »Nahrungssicherheit «ab, sondern auch auf den »Weltfrieden« in einem Moment, in dem diese Werte ernstlich in Gefahr sind.

Wie könnte ich im Hinblick auf die schwere Verantwortung, die Sie haben, und die großen Hoffnungen, die sich Ihnen eröffnen, Sie nicht mit meinem Gebet begleiten? Ich versichere Ihnen, daß ich Ihnen in diesen Tagen nahe bin und Gott, den Allmächtigen, um seinen reichen Segen für die Arbeiten Ihrer Konferenz bitte, damit die FAO dazu beitrage, daß auf Erden der Friede und die Gerechtigkeit, die von oben kommen, wachsen mögen.

Aus dem Vatikan, am 3. November 2001

 

PAPST JOHANNES PAUL II.

 

© Copyright 2001 - Libreria Editrice Vaticana



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