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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN DEN NEUEN BOTSCHAFTER SLOWENIENS BEIM HL. STUHL, LUDVIK TOPLAK, AUS ANLAß DER ÜBERGABE DER BEGLAUBIGUNGSSCHREIBEN

Donnerstag, 5. September 2002

 

Herr Botschafter!

1. Mit Freude nehme ich aus Ihren Händen das Schreiben entgegen, mit dem der Präsident der Republik Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Sloweniens beim Hl. Stuhl akkreditiert. Ich heiße Sie herzlich willkommen und danke aufrichtig für die höflichen Worte und guten Wünsche, die Staatspräsident Milan Kucan durch Sie an mich gerichtet hat.

Bewegt erinnere ich mich an die beiden Besuche, die die göttliche Vorsehung mich nach Slowenien unternehmen ließ. Diese Besuche und die Begegnungen mit dem Präsidenten der Republik und anderen Regierungsmitgliedern im Vatikan haben zur Stärkung des seit vielen Jahrhunderten bestehenden Dialogs zwischen den Slowenen und dem Apostolischen Stuhl beigetragen.

Der Hl. Stuhl würdigt die Bemühungen Ihres Landes zugunsten des Friedens und der Zusammenarbeit zwischen den Nationen und schätzt die Anstrengungen, die es unternommen hat, um der Europäischen Union vollberechtigt beitreten zu können. Nach der Unabhängigkeit sind der europäische Charakter und die Rolle Sloweniens in der friedlichen und fruchtbringenden Begegnung unter den verschiedenen Völkern des Kontinents noch deutlicher zutage getreten.

Der Dialog mit den anderen Kulturen wird in dem Maße reich und ergiebig, wie er aufrichtig und respektvoll ist. Bei aller Aufgeschlossenheit für Begegnungen und Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Traditionen, Lebensstilen und Grundwerten möchte das slowenische Volk seine eigene Identität, auf die es zu Recht stolz ist, vollständig bewahren. Die Slowenen wissen: Wenn dieses von den Vätern hinterlassene Erbe schwindet, kann die Nation angesichts des Globalisierungsprozesses, der unser Zeitalter prägt, die Richtung verlieren.

Das christliche Erbe, das Jahrhunderte lang dem zivilisierten Miteinander in Ihrem Land zugrunde lag und es heute noch durchströmt, stellt einen wertvollen Beitrag dar zur Festigung einer Zivilisation in Europa, die um gegenseitiges Verständnis zwischen den Völkern bemüht ist. Diese Berufung, als Brücke zwischen verschiedenen Kulturen zu dienen und auf diese Weise einen nützlichen Austausch unter ihnen zu fördern, findet daher die volle Unterstützung und Ermutigung des Hl. Stuhls.

2. In diesem Augenblick, wo versucht wird, ein gemeinsames Haus Europa durch gesetzgeberische Mittel aufzubauen, die auf eine Förderung der Einheit und Solidarität unter den Völkern dieses Erdteils abzielen, muß auf die Werte geachtet werden, auf denen dieses Haus gründet. Einige dieser Werte bilden die Grundlage des europäischen Humanismus und sichern heute wie gestern dessen Ausstrahlung in der Geschichte unserer Zivilisation. Es ist eine unleugbare Tatsache, daß die zweitausendjährige Tradition jüdisch-christlichen Ursprungs imstande war, die in einer kulturellen Vielfalt wurzelnden Prinzipien, aus denen die europäische Zivilisation erwuchs, zu harmonisieren, zu festigen und zu fördern. Sie kann auch weiterhin den Völkern Europas einen wertvollen ethischen Bezugsrahmen liefern.

Es ist daher der sehnliche Wunsch des Hl. Stuhls, daß auch in Zukunft die Identität und die Rolle der Kirche gewahrt werden, denn sie hatte stets eine in vieler Hinsicht wesentliche Funktion in der Erziehung zu den Grundsätzen des friedlichen Zusammenlebens, in der Beantwortung der Grundfragen nach dem Sinn des Lebens, im Schutz und in der Förderung der Kultur und Identität der einzelnen Völker.

Man muß auf jeden Versuch, den Beitrag des Christentums zum Aufbau des neuen Europas auszuschließen, reagieren, denn dies würde dem ethisch-kulturellen Gründungsprozeß des zivilen Miteinanders auf dem Kontinent wichtige Kräfte entziehen. 

3. Die katholische Kirche sucht nicht ihren Vorteil, sie will nur ihre Sendung zugunsten der ganzen slowenischen Gesellschaft erfüllen. Deshalb ist sie den zivilen Autoritäten dankbar, die in einem Geist des Dialogs und unter voller Wahrung der jeweiligen Zuständigkeiten nutzbringende Beziehungen zur kirchlichen Gemeinschaft unterhalten.

Ein beredtes Beispiel gegenseitiger Zusammenarbeit ist das Abkommen zwischen der Republik Slowenien und dem Hl. Stuhl vom vergangenen 14. Dezember. Ich spreche an dieser Stelle den innigen Wunsch aus, daß es jetzt die Zustimmung der zuständigen Instanzen findet und binnen kurzer Zeit in Kraft treten wird. Diese Vereinbarung sichert das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Als Rechtswerkzeug, das in spezieller, aber nicht ausschließlicher Weise das Verhältnis zwischen Kirche und Staat regelt, dient es dem Wohl der katholischen Gemeinschaft und stellt gleichzeitig einen Zielpunkt und einen Ausgangspunkt für neue Abmachungen dar.

4. Herr Botschafter, das waren einige Gedanken, die ich Ihnen beim Antritt des hohen Amtes, mit dem Ihre Regierung Sie betraut hat, mitteilen wollte. Ich versichere Ihnen, daß Sie zur erfolgreichen Ausübung Ihrer Funktion immer auf die Hilfe meiner Mitarbeiter werden zählen können.

Ich bitte Sie, dem Präsidenten der Republik, den Regierungsmitgliedern und dem Volk, das Sie hier vertreten, meinen ehrerbietigen Gruß zu übermitteln, zusammen mit meinen herzlichsten Wünschen für das Wohlergehen und den Fortschritt Sloweniens in Frieden und Gerechtigkeit. Ich bekräftige diese Empfindungen mit der Zusicherung meines Gebets und rufe den Segen des Allmächtigen Gottes auf Sie und alle ihre Mitbürger herab.

 

© Copyright 2002 - Libreria Editrice Vaticana

 



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