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ANSPACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN HERRN MARCOS MART

Í NEZ MENDIETA,
NEUER BOTSCHAFTER PARAGUAYS
BEIM HL. STUHL*

Dienstag, 9. Dezember 2003

 

Herr Botschafter!

1. Mit großer Freude empfange ich Sie zu dieser feierlichen Überreichung des Beglaubigungsschreibens, mit dem Sie als außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Paraguay beim Heiligen Stuhl akkreditiert werden. Bitte übermitteln Sie dem Präsidenten der Republik, Dr. Nicanor Duarte Frutos, meine besten Wünsche und die Versicherung meiner Gebete für seine wichtige Aufgabe, zusammen mit meinen Wünschen für das Wohlergehen und das geistliche Wohl aller Söhne und Töchter des geliebten Landes Paraguay. Ich erneuere, was ich jener Nation zum Abschluß meiner Pastoralreise zugerufen habe: »Der Papst reist ab, aber er trägt euch in seinem Herzen« (Abschiedsansprache auf dem Flughafen von Asunción, 18. Mai 1988).

2. Ihre Anwesenheit hier ist eine günstige Gelegenheit, um nochmals die guten Beziehungen zwischen Paraguay und dem Heiligen Stuhl zu bestätigen, die sich auch auf die tiefen christlichen Wurzeln des paraguayischen Volkes gründen, die »Teil seiner nationalen Seele, Schatz seiner Kultur, Atem und Kraft sind, um eine bessere Zukunft in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden aufzubauen« (ebd.). Von den Anfängen der Evangelisierung des amerikanischen Kontinentes an hat der christliche Glaube in Paraguay Wurzel gefaßt und schon bald das öffentliche Leben des Landes gestaltet. Dieses Glaubenserbe der Anfangszeit mit den verschiedenen Ausdrucksformen der Volksfrömmigkeit im Laufe der Jahrhunderte wollen die Bischöfe zusammen mit ihren Priestern und den verschiedenen in Paraguay vertretenen Ordensgemeinschaften bewahren und durch die Neuevangelisierung vermehren.

Die Kirche in Paraguay besteht aus 14 Kirchenbezirken und einem Militärordinariat. In den Teilkirchen arbeiten die Bischöfe, um weiterhin das Samenkorn des Evangeliums in die Herzen der Paraguayer zu säen, damit es in den verschiedenen Umfeldern, in denen die Kirche die Sendung ausübt, die sie von ihrem göttlichen Stifter empfangen hat, reiche Früchte christlichen Lebens gebe. Bischöfe, Priester und Ordensgemeinschaften werden weiter unermüdlich ihre Aufgaben der Glaubensverkündigung, der Fürsorge und der Erziehung zum Wohl der Gesellschaft erfüllen. Dazu veranlaßt sie ihre Berufung zum Dienst an allen Menschen, ohne jemanden auszuschließen. So tragen sie zum ganzheitlichen Fortschritt des paraguayischen Volkes und zum Schutz und zur Förderung der höchsten Werte bei. Und auch wenn die Sendung der Kirche grundsätzlich religiöser Art ist, so fließen doch aus ihr »Auftrag, Licht und Kraft, um der menschlichen Gemeinschaft zu Aufbau und Festigung nach göttlichem Gesetz behilflich zu sein« (Gaudium et Spes, 42).

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie, Herr Botschafter, des ständigen Wunsches der Kirche in Paraguay versichern, die Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden und den verschiedenen öffentlichen Einrichtungen im Dienst der großen Anliegen des Menschen als Bürger und als Kind Gottes fortzusetzen (vgl. ebd., 76). Es ist zu wünschen, daß der konstruktive und häufige Dialog zwischen den staatlichen Stellen und den Bischöfen der Kirche die Beziehungen zwischen den beiden Institutionen fördert. Diesbezüglich möchte ich daran erinnern, daß »die Kirche … ein Wort zu sagen [hat] zur Natur, zu den Bedingungen, den Anforderungen, den Zielen einer echten Entwicklung und ebenso zu den Hindernissen, die sich dieser entgegenstellen. Indem sie das tut, erfüllt die Kirche ihren Verkündigungsauftrag, da sie ihren Hauptbeitrag zur Lösung des drängenden Problems der Entwicklung leistet, wenn sie die Wahrheit über Christus, über sich selbst und über den Menschen verkündet und auf eine konkrete Situation anwendet« (Enzyklika Sollicitudo Rei Socialis, 41).

3. Ihr Land, Herr Botschafter, wird von edlen Menschen gebildet, die beherzt die Natur beherrschen und jede Art von Widrigkeiten überwinden, die hochherzig und gastfreundlich sind; es ist auch reich an Kulturen der Ureinwohner. Durch dieses Erbe ist es dazu berufen, eine immer aktivere Rolle im Konzert der Nationen zu spielen, und dazu muß es auf Dauer eine größere und angemessenere Fortbildung seiner Bürger fördern. In dieser Hinsicht ist zu hoffen, daß die Anstrengungen nach einer Verbesserung des Erziehungswesens ihre Ziele erreichen, indem sie die ganzheitliche Bildung der Person allen zugänglich machen, die jungen Generationen darauf vorbereiten, voll ihre Verantwortung als Bürger zu übernehmen, die fähig sind, das Vorankommen der Nation in die Hand zu nehmen, und aktiv für das allgemeine Wohl sorgen. Glaubwürdige Kulturpolitik Es ist unumgänglich, der Erziehung zu den wahren sittlichen und geistigen Werten besondere Aufmerksamkeit zu widmen und eine glaubwürdige Kulturpolitik zu fördern, die diese Werte konsolidiert und bekanntmacht. Diese Grundwerte – wie Ehrlichkeit, Genügsamkeit, Verantwortung für das Gemeinwohl, Solidarität, Opfergeist und die Kultur der Arbeit, die Fähigkeit zum Dialog und zur Beteiligung auf allen Ebenen –, die für alle Mitglieder der Volksgemeinschaft eine bessere Entwicklung sicherstellen können, müssen unbedingt neu vorgestellt werden. Es geht letzten Endes darum, jene Lebensbedingungen zu fördern und durchzusetzen, die den einzelnen und den Familien sowie Zwischengruppen und Vereinigungen ihre volle Verwirklichung und die Erfüllung ihrer legitimen Bestrebungen ermöglichen.

4. Herr Botschafter, ich bin mir sehr wohl bewußt, daß Paraguay zur Zeit in vielerlei Hinsicht eine entscheidende Zeit durchlebt. Ich begleite diesen komplizierten Prozeß mit großer Zuversicht und erinnere daran, daß sich eine Demokratie behauptet oder aber verfällt, je nachdem, ob sie die Werte, die sie verkörpert und fördert, auch verteidigt; denn »eine Demokratie ohne Werte verwandelt sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder hinterhältigen Totalitarismus« (Enzyklika Centesimus Annus, 46).

Zahlreich sind die Herausforderungen, denen man sich stellen muß, um ein Klima friedlichen und harmonischen Zusammenlebens zwischen allen sicherzustellen und zu festigen, ein Klima, in dem das Vertrauen der Bürger in die verschiedenen Institutionen und öffentlichen Körperschaften vorherrscht. Diese müssen zu jedem Zeitpunkt als ihre Existenzberechtigung und als vorrangiges Ziel ihrer Arbeit das Gemeinwohl im Auge haben und fördern, da die Regierungstätigkeit über jedem Privat- und Parteiinteresse stehen und darauf achten muß, daß das Wohl der Nation Vorrang hat vor den privaten Bestrebungen einzelner und jeder politischen Gruppe.

Der Wunsch, die erforderliche Entwicklung auf allen Gebieten zu fördern, verlangt, daß Initiativen ergriffen werden, die die Lebensqualität der Bürger tatsächlich dadurch erhöhen, daß sie sich besonders um die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Wohnen und Arbeitsbedingungen kümmern. Solche Initiativen müssen immer von ethischen Grundsätzen inspiriert sein, die die Aufrichtigkeit und den notwendigen Beitrag an Anstrengungen und Opfern von seiten aller in Rechnung stellen. Das Ziel muß sein, dem Volk von Paraguay heute in seinen dringenden und konkreten Bedürfnissen zu dienen und künftiger Not zuvorzukommen; beharrlich gegen die Armut zu kämpfen; die potentiellen Ressourcen der Natur mit Fleiß und Verantwortlichkeit zu verarbeiten; den Reichtum gerechter zu verteilen durch den Abbau der Ungerechtigkeiten, die zur Ausgrenzung führen und die Brüder und Schwestern erniedrigen, die Kinder desselben Vaters und Teilhaber an den Gaben sind, die der Schöpfer in die Hände aller Menschen legt.

5. Bevor ich diese feierliche Begegnung beende, möchte ich Ihnen, Herr Botschafter meine besten Wünsche aussprechen zu einem erfolgreichen Verlauf Ihrer Mission, die mit dem heutigen Tag beginnt. Ich bitte Sie, sich beim Herrn Präsidenten und den anderen Autoritäten der Republik zum Sprachrohr meiner Gefühle und Hoffnungen zu machen, während ich auf Sie, auf Ihre verehrte Familie und Ihre Mitarbeiter sowie auf alle Söhne und Töchter der edlen paraguayischen Nation den reichen Segen des Allmächtigen, zusammen mit der ständigen mütterlichen Fürsprache der reinen und unbefleckten Muttergottes von Caacupé, herabrufe.


* L'Osservatore Romano 2004 n. 7 p. 12. 

 

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