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JOHANNES PAUL II.

AUDIENZ FÜR DIE BEIM HEILIGEN STUHL AKKREDITIERTE BOTSCHAFTERIN DES KÖNIGREICHS JORDANIEN, 
DINA KAWAR

Freitag, 17. Mai 2002

 

Frau Botschafterin!

1. Mit Freude empfange ich Eure Exzellenz zu diesem feierlichen Anlaß der Überreichung des Schreibens, das Sie als außerordentliche und bevollmächtigte Botschafterin des Haschemitischen Königreichs Jordanien beim Hl. Stuhl akkreditiert.

Aufrichtig danke ich Ihnen, Frau Botschafterin, für die freundliche Grußbotschaft, die Sie im Namen Seiner Majestät König Abdullah II. an mich gerichtet haben. Ich bin ihm für seine besondere Aufmerksamkeit gegenüber dem Apostolischen Stuhl zu Dank verpflichtet und bitte Sie, ihm meine respektvollen Wünsche zu übermitteln sowohl für seine Person als auch für das jordanische Volk, dem ich bei meiner Jubiläumswallfahrt ins Heilige Land begegnen durfte. Ich bete zum Allerhöchsten, er möge über die Bemühungen aller Ihrer Mitbürger zum Aufbau einer immer brüderlicheren und solidarischeren Gesellschaft wachen.

2. Wie Sie vorhin hervorgehoben haben, hört der Hl. Stuhl nicht auf, die Verantwortungsträger der Politik zum Dialog und zu Verhandlungen zu ermutigen, um allen Menschen ein friedliches Leben auf unserer einen Erde zu ermöglichen. Die katholische Kirche betrachtet diese Verpflichtung gegenüber allen als einen wesentlichen Bestandteil ihrer geistigen Sendung und als Antwort auf das Gebot der Bruderliebe, das ihr Meister und Herr ihr hinterlassen hat (vgl. Joh 15, 12 .17). Im tiefen Bewußtsein um diese Verpflichtung hab ich die Verantwortlichen der großen Religionen eingeladen, sich am vergangenen 24. Januar in Assisi zu versammeln, um vor der erneut von der Gewalt des Terrorismus heimgesuchten Welt zu verkünden, daß der Mensch nach Gerechtigkeit und Frieden hungert und dürstet. An jenem Tag haben die anwesenden Verantwortlichen eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die Religionen dem Wohl des Menschen dienen wollen und daß man Gewalt im Namen Gottes in keinem Fall rechtfertigen kann. In meiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2002 schrieb ich: »Wenn die Führer der Religionen der Welt gemeinsam die sittliche Wahrheit bezeugen, nach welcher der vorsätzliche Mord des Unschuldigen immer, überall und ohne Ausnahme eine schwere Sünde ist, werden sie damit das Sichheranbilden einer moralisch richtigen öffentlichen Meinung fördern. Das ist die unerläßliche Voraussetzung für den Aufbau einer internationalen Gesellschaft, die imstande ist, als Ziel die Ruhe der Ordnung in Gerechtigkeit und Freiheit zu verfolgen« (Nr. 13).

3. Wie könnte man heute über das Streben der Menschen nach Gerechtigkeit und Frieden sprechen, ohne das Drama des Nahostkonflikts zu erwähnen? Ich habe die internationale Gemeinschaft wiederholt dazu aufgerufen, mit Entschlossenheit und Nachdruck Gespräche mit den Konfliktparteien zu führen, um sie zu überzeugen, auf Gewaltmaßnahmen zu verzichten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. In diesem Zusammenhang begrüße ich die Bemühungen Ihrer Regierung, ein aufgeschlossener Gesprächspartner für alle zu bleiben mit der Absicht, auf einen gerechten und dauerhaften Frieden in dieser von Spannungen so schwer geprüften Region der Welt hinzuwirken. Ich freue mich über die Nachricht, daß die Geburtskirche in Betlehem endlich Gott und den Gläubigen zurückgegeben worden ist, und beklage zugleich die Gewalt, die so viele Tage lang an diesem heiligen Ort herrschte. Noch einmal rufe ich die internationale Gemeinschaft auf, unverzüglich alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Sonderstatus der heiligen Stätten geachtet und ihnen ein wahrer Schutz zugesichert werde.

4. Erlauben Sie mir, aufs neue und mit großer Dankbarkeit gegenüber Gott an die Pilgerreise zu erinnern, die ich im Laufe des Heiligen Jahres ins Heilige Land unternehmen durfte. Ich freue mich, daß bei dieser Gelegenheit mein Besuch in Jordanien – wie Sie gesagt haben – einen Beitrag zum interreligiösen Dialog in Ihrem Land geleistet hat, um ein echtes gegenseitiges Vertrauen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften zu fördern, und zwar dank einer besseren Kenntnis jedes einzelnen, seiner Traditionen und seiner spirituellen Reichtümer. Während meines Besuchs an Orten, die für das jüdische Volk, für die Christen und auch für die Muslime wichtig und bedeutsam sind, habe ich über einige Ereignisse der Menschheitsgeschichte nachgedacht, die zum geistigen Erbe der gesamten Menschheit gehören. Sollte das Heilige Land, wo Gott sich den Menschen offenbart und zu ihnen gesprochen hat, etwa nicht zum Ort schlechthin werden, an dem Frieden und Gerechtigkeit erblühen? Wie könnte man dort nicht den eindringlichen Aufruf vernehmen, sich mutig und entschlossen für den Dialog und den Frieden einzusetzen? Zu Beginn des dritten Jahrtausends bleibt es dringend geboten, alle Menschen aufzufordern, sich zusammenzuschließen und sich nicht zu spalten, um eine Welt aufzubauen, die dem Austausch förderlich ist, die jeweiligen Kulturen achtet und sich um Gerechtigkeit und um gerechteres Teilen zwischen den Nationen bemüht, denn diese müssen sich wirklich für das gemeinsame Schicksal unserer Menschheit verantwortlich fühlen. Der Hl. Stuhl möchte auch seinerseits diesem bedeutenden Auftrag gerecht werden und lädt alle Menschen guten Willens in, sich daran zu beteiligen.

5. Außerdem freue ich mich, Frau Botschafterin, durch Sie die katholische Gemeinschaft Jordaniens, ihre Hirten und Gläubigen der verschiedenen Riten begrüßen zu können. Die Katholiken sind in Ihrem Land nicht sehr zahlreich, aber sie leben dort in gutem Einvernehmen mit allen, in erster Linie mit den Brüdern und Schwestern der orthodoxen Kirche, aber auch mit den Gläubigen des Islam.

Sie bilden lebendige Gemeinschaften und übernehmen ihren Anteil am Leben und an der Entwicklung des Landes; sie sind um das Gemeinwohl bemüht und um Solidarität mit denjenigen, die unter Ungerechtigkeit oder Armut leiden. Ich lade sie ein, unermüdlich und vor allen Menschen für die Liebe des Guten Hirten Zeugnis zu geben, und versichere sie meines väterlichen Gebets.;

6. Frau Botschafterin, heute treten Sie das wichtige Amt an, Ihr Land beim Hl. Stuhl zu vertreten. Dazu spreche ich Ihnen meine herzlichen Glückwünsche für ein gutes Gelingen aus. Sie können davon ausgehen, daß Sie bei meinen Mitarbeitern immer Verständnis und die nötige Unterstützung finden werden!

7. Auf Eure Exzellenz, auf Ihr Familie, auf alle Ihre Mitarbeiter und alle Ihr Mitbürger rufe ich von ganzem Herzen den reichen Segen des Himmels herab. 

 

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